Papst als Friedensvermittler? Ein strategischer Irrweg.

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Eine geopolitische Klarstellung

Die Idee, den Papst – derzeit Leo XIV. – als Vermittler in den Ukraine-Konflikt einzubeziehen, mag auf den ersten Blick wie ein humanitärer Hoffnungsschimmer wirken.

In Wahrheit ist sie jedoch ein strategischer Irrweg, der mehr Gräben aufreißt, als Brücken baut – und der die katholische Kirche in eine Rolle drängt, die ihrem Auftrag schadet, anstatt ihm zu dienen.

Ein strategischer Fehlgriff: Rom als Friedensbühne?

Die katholische Kirche, so groß ihre globale Strahlkraft auch sein mag, ist im Kontext des Ukraine-Kriegs kein neutraler Akteur. Im Gegenteil:

  • Aus russisch-orthodoxer Sicht – tief verwurzelt im kulturellen und politischen Selbstverständnis Russlands – gilt Rom nicht als Partner, sondern als ideologischer Gegenspieler.
  • Eine Einbindung des Papstes würde in Russland nicht als Brückenschlag, sondern als gezielter westlicher Einflussversuch verstanden werden – mit dem Effekt, dass Friedensgespräche von Beginn an unter einem Misstrauensvorbehalt stünden.

Die katholische Kirche in der geopolitischen Falle

Wer den Papst in die Verhandlungen einbindet, stellt die katholische Kirche unweigerlich in eine politische Ecke:

  • Sie wird zur verlängerten Hand westlicher Interessen, was nicht nur in Russland, sondern auch in Teilen des Globalen Südens, in der orthodoxen Welt und im Nahen Osten auf massive Ablehnung stoßen dürfte.
  • Die Glaubwürdigkeit der katholischen Kirche als unabhängige moralische Instanz würde massiv beschädigt.

EU-Strategie: Moralischer Druck statt realistischer Diplomatie

Die EU – allen voran Deutschland – verfolgt mit der Idee einer päpstlichen Vermittlung eine kurzsichtige Strategie:

  • Es geht nicht um echte Friedensvermittlung, sondern darum, symbolischen Druck auf Russland auszuüben und den Westen als moralisch überlegene Instanz zu inszenieren.
  • Doch Frieden entsteht nicht durch moralische Überhöhung, sondern durch realistische Ausgleichsmechanismen, die alle Seiten einbeziehen – auch die orthodoxe Kirche, auch die russische Perspektive, auch die geopolitischen Realitäten jenseits westlicher Wunschvorstellungen.

Bessere Alternativen: Geopolitisch tragfähige Foren

Wer es ernst meint mit Frieden, sucht keine Bühne in Rom, sondern in Räumen, die für alle Seiten akzeptabel sind:

  • Istanbul – als historisch vermittelnde Brücke zwischen Ost und West.
  • Neu-Delhi oder Peking – als geopolitische Schwergewichte, die sowohl mit Russland als auch mit dem Westen arbeiten.
  • Doha oder Abu Dhabi – als neutrale Plattformen mit Erfahrung in Konfliktmediation.

Fazit: Frieden braucht Realismus, nicht Symbolik

Die Einbindung des Papstes in die Ukraine-Gespräche wäre ein strategischer Fehlgriff – mit langfristigen Schäden für die Glaubwürdigkeit der katholischen Kirche und für die Chancen auf eine echte Friedenslösung.

Frieden entsteht nicht durch Symbole oder moralische Erpressung, sondern durch Respekt, Realismus und strategische Klugheit.

Wer Frieden will, benötigt keine Symbolik – sondern den Mut, auch das Unbequeme zu verhandeln.

Thomas H. Stütz
Chief Global Strategist
Berlin / Kapstadt, Mai 2025

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