Kabinettsanalyse F. Merz 2025

Lesedauer 3 Min.

– CDU/CSU & SPD im Realitätsabgleich –

Autor: Thomas H. Stütz
Chief Global Strategist für geopolitische und geoökonomische Zukunftsräume
Berlin | Mai 2025

Einleitung – Kabinett Merz 2025 im Koalitionsvergleich

In einer Zeit multipler globaler Umbrüche wird die Regierungsfähigkeit zur strategischen Schlüsselressource. Die Koalition aus CDU/CSU und SPD ist weniger eine programmatische Allianz als eine macht arithmetische Zweckgemeinschaft.

Doch wo führen Verwaltungskraft und Symbolpolitik zusammen – und wo laufen sie gegeneinander?

Dieses Strategiepapier liefert erstmals einen direkten Vergleich der Ministerien, ihrer politischen Besetzung und deren Wirkungspotenzial im gesamt strategischen Kontext. Es benennt Erwartungsfenster, Blockaderisiken und Transformationschancen – ressortgenau, akteurscharakteristisch und zeitsensibel.

Ziel ist keine parteipolitische Bewertung, sondern eine operative Realismusanalyse: Was kann dieses Kabinett wirklich leisten? Wo wird es sich gegenseitig lähmen – und wo liegen bislang ungenutzte Hebel?

Vergleichsmatrix – CDU/CSU vs. SPD (verschlankte Darstellung mit Wechselwirkungen)

Ressort

CDU/CSU

SPD

Wechselwirkung

Finanzen

L. Klingbeil (Strategisch)

Machtzentrierung vs. Gestaltungslust. Kanzleramt will steuern, SPD das Geld.

Arbeit & Soziales

B. Bas (Pragmatisch)

Stabilitätspotenzial. SPD agiert ruhig, kaum Reibung mit CDU.

Verteidigung

B. Pistorius (Stabilisierend)

Rhetorische Synergie – strategische Differenz. CDU will Härte, SPD Bindung.

Justiz

S. Hubig (Fachlich)

Geringe Reibung. Fachlich solide, keine Konfliktlinie erkennbar.

Bauen & Wohnen

V. Hubertz (Modernisierend)

Symbolpolitik trifft Umsetzungsdruck. CDU könnte fehlende Realisierung beklagen.

Umwelt & Klima

C. Schneider (Pragmatisch)

Ost-Profil vs. globale Erwartungen. SPD-Verwaltung bremst evtl. grüne CDU-Flügel.

Außen

J. Wadephul (Diplomat)

CDU-Monopol. Kein Gegengewicht aus SPD – Gefahr außenpolitischer Einseitigkeit.

Digitalisierung

K. Wildberger (Technokrat)

Leistungsachse ohne Reibung. SPD fehlt – Chance für CDU-Signalpolitik.

Bildung

K. Prien (Pragmatisch)

CDU-eigene Stabilität. Kein Gegenpart, geringe Innovationswahrscheinlichkeit.

Inneres

A. Dobrindt (Hardliner)

Alleinsteuerung mit Eskalationsrisiko. SPD fehlt als Korrektiv.

Verkehr

P. Schnieder (Infrastrukturverwalter)

Solide Verwaltung ohne Störung. Kein Konflikt zu erwarten.

Ministerien im Einzelvergleich – Aufgabenprofil & Transformationspotenzial

Ressort

Aufgabenfeld

Minister & Partei

Transformationspotenzial unter aktueller Leitung

Finanzen

Haushalt, Steuern, Euro-Stabilität

Klingbeil (SPD)

Mittel – politisch ambitioniert, aber ohne fiskalische Führungsroutine

Arbeit & Soziales

Rente, Arbeitsmarkt, Sicherungssysteme

Bas (SPD)

Begrenzt – solide Verwaltung, aber keine reformtreibende Wirkung

Verteidigung

Bundeswehr, NATO, Wehrfähigkeit

Pistorius (SPD)

Hoch – anerkannt, durchsetzungsstark, realistische Umsetzung möglich

Justiz

Strafrecht, Grundrechte, Justizmodernisierung

Hubig (SPD)

Stabil – juristisch stark, aber verwaltungstechnisch ausgerichtet

Bauen & Wohnen

Wohnraum, Mietrecht, Stadtentwicklung

Hubertz (SPD)

Moderat – Innovationsimpulse da, aber Umsetzungserfahrung fehlt

Umwelt & Klima

Emissionshandel, Nachhaltigkeit

Schneider (SPD)

Niedrig – pragmatisch, aber ohne gestaltende Vision

Außen

Diplomatie, EU-Politik, multilaterale Beziehungen

Wadephul (CDU/CSU)

Klassisch-stabil – aber kaum multipolare Ambition

Digitalisierung

Infrastruktur, Verwaltungsmodernisierung

Wildberger (CDU/CSU)

Hoch – technischer Kompetenzträger, könnte disruptiv wirken

Bildung

Schule, Hochschulen, Familienförderung

Prien (CDU/CSU)

Begrenzt – wertekonservativ, wenig anschlussfähig an Wandel

Inneres

Sicherheit, Migration, Katastrophenschutz

Dobrindt (CDU/CSU)

Kritisch – starke Durchgriffslogik, Gefahr gesellschaftlicher Polarisierung

Verkehr

Bahn, Straße, Mobilitätswende

Schnieder (CDU/CSU)

Solide – Verwaltungserfahrung, keine große Zukunftsagenda

Wechselwirkungsanalyse – Synergien, Blockaden, Kollisionen

Ressortfeld

CDU/CSU

SPD

Wechselwirkung

Finanzen

(offen / CDU-dominiert durch Kanzleramt)

Klingbeil (Taktiker / strategischer Aufsteiger)

Latente Machtbalance-Spannung. Kanzleramt will steuern, Klingbeil will aufbauen – Konfliktpotenzial.

Soziales

kein CDU-Minister

Bas (pragmatisch, unideologisch)

Stabile Verwaltungspartnerschaft möglich. CDU-Positionen könnten sogar durch Bas gestützt werden.

Verteidigung / Inneres

Dobrindt (konservativer Hardliner)

Pistorius (sicherheitsstabilisierend)

Synergie in Rhetorik, aber Gefahr der Überschärfung. Konterkarierung außenpolitischer Diplomatie möglich.

Justiz

Hubig (fachlich, gesetzesnah)

Funktionale Zusammenarbeit. Geringes Risiko, klare juristische Kompetenz.

Digitalisierung / Modernisierung

Wildberger (Technokrat)

Hubertz (unternehmerisch-modernisierend)

Potenzial für echte Modernisierungsachse. Gefahr: SPD fehlt Strukturstärke zur Umsetzung.

Umwelt / Klima

(offen / CDU-regulativ geprägt)

Schneider (Verwaltungspragmatiker)

Kollisionszone. CDU will Industrie schützen, SPD muss Erwartungen Ostdeutschlands ausbalancieren.

Außenpolitik

Wadephul (Diplomat, NATO-nah)

Einseitige Führung durch CDU. Gefahr: SPD-Resonanz fehlt in multilateralen Foren.

Bildung & Familie

Prien (wertkonservativ-pragmatisch)

Stabile CDU-Alleinsteuerung. Keine offene Konfliktlinie, aber kein Reformmotor.

Verkehr

Schnieder (infrastrukturorientiert)

Solide Verwaltungsführung durch CDU. SPD-Impuls fehlt, aber auch kein Blockadepotenzial.

Bewertung der gesamtstrategischen Koalitionsachse:

Dimension

Risiko / Chance

Führungslogik

Koalitionsparallelität statt kohärenter Führungslinie – besonders sichtbar bei Finanzen & Klima

Typuskollisionen

Strategisch vs. Pragmatisch / Symbolisch vs. Technokratisch – potenzielle Reibung

Rhetorik-Kultur

CDU technokratisch bis konservativ – SPD symbolisch bis taktisch – geringe Kohärenz

Reformdynamik

Digitalisierung als Brücke – Sozialpolitik als Ruhepol – Außen- und Klimapolitik konfliktträchtig

Strategisches Fazit – Koalition der Verwaltung oder Erneuerung?

Das Kabinett Merz 2025 ist nicht kraftvoll – aber potenziell stabil.

Es fehlt der große strategische Treiber, doch es gibt solide Verwaltungstypen und punktuelle Transformationsfiguren. Die CDU/CSU steuert über Technokratie und Ressortdisziplin – die SPD über Symbolik und moderate Gesellschaftspolitik.

Konflikte drohen dort, wo Machtlogik auf Gestaltungsanspruch trifft (Finanzen, Klima, Verteidigung). Der größte Schwachpunkt bleibt die fehlende ressortübergreifende Modernisierungsarchitektur. Digitalisierung, Klima und soziale Fragen bleiben in ihren Silos.

Nur durch klare Priorisierung, eine integrierte Steuerung zwischen Kanzleramt, Digitalministerium und Verteidigung sowie gezielte Bündnisse mit pragmatischen EU-Staaten (z. B. Dänemark, Niederlande) kann Deutschland mit diesem Kabinett mehr als Verwalten – und tatsächlich gestalten.

Die Koalition wird halten. Doch ob sie wirkt – entscheidet sich in den nächsten 12 Monaten.

 

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