Meine Damen und Herren,
wir stehen heute an einem Punkt, an dem es nicht mehr genügt, gute Programme zu schreiben, wohlformulierte Forderungen zu wiederholen oder auf eine politische Wende zu hoffen.
Der Mittelstand – unser Rückgrat, unsere Stabilität, unser Innovationsmotor – wird politisch übersehen. Und das seit Jahren.
Trotz tausender Verbände und hunderttausender Mitglieder gelingt es uns nicht, echte Wirkung zu entfalten. Warum? Weil wir nicht strategisch, nicht geeint und nicht laut genug sind.
Weil unsere Strukturen oft mehr verwalten als gestalten. Und weil wir uns – das muss selbstkritisch erlaubt sein – zu oft mit Symbolik zufriedengeben.
Dieses Grundsatzpapier hält uns den Spiegel vor. Es zeigt:
- Wo unsere Verbände wirkungslos bleiben.
- Wie politische Realitäten seit Merkel, Scholz und nun Merz den Mittelstand strukturell schwächen.
- Und warum wir endlich gemeinsam handeln müssen, statt weiter nebeneinander herzu reden.
Es geht dabei nicht darum, bestehende Organisationen abzuschaffen. Im Gegenteil: Es geht um die Bündelung – unter einem gemeinsamen, strategisch geführten Dach, das Einfluss gewinnt und Haltung zeigt.
Denn: Wer heute als Mittelständler denkt, redet und handelt – benötigt auch eine gehörte Stimme. Eine Stimme, die nicht nur große Konzerne kennt. Eine Stimme, die auch dem normalen, intelligent agierenden Unternehmer auf Augenhöhe begegnet – nicht nur dem mit großem Namen.
Wir laden Sie ein, dieses Papier nicht nur zu lesen, sondern als Ausgangspunkt für etwas Neues zu begreifen. Für eine echte wirtschaftspolitische Bewegung – aus dem Mittelstand, für den Mittelstand.
Grundsatzpapier – „Der Mittelstand – stärker, als er selbst glaubt.“
Strategischer Neustart der Mittelstandsvertretung – Vom plakativen Einzelruf zur geeinten wirtschaftspolitischen Kraft
1. Einleitung: Die große Illusion wirtschaftlicher Einflussnahme
Deutschland verfügt über eine der dichtesten Landschaften wirtschaftlicher Interessenvertretungen in Europa. Schätzungen zufolge existieren hierzulande über 16.000 eingetragene Verbände, darunter mehrere hundert, die direkt oder indirekt wirtschaftliche Interessen vertreten.
Ihre Reichweite ist beachtlich: Der Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA) repräsentiert über 143.000 Unternehmen, der Deutsche Mittelstands-Bund (DMB) über 30.000 Mitglieder mit rund 750.000 Beschäftigten. Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) vereint über ihre Mitgliedsverbände mehr als eine Million Unternehmen.
Und dennoch: Trotz dieser enormen organisatorischen Dichte und Reichweite bleibt der politische Einfluss des deutschen Mittelstands erschreckend schwach.
Während der Mittelstand rund 99 % aller Unternehmen stellt, etwa 60 % aller sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze sichert und in vielen Regionen wirtschaftliches Überleben bedeutet, spiegelt sich dieser Stellenwert in der politischen Praxis nicht wider.
Die politischen Entscheidungen der letzten zwei Jahrzehnte – von Angela Merkels administrativem Stillstand über Olaf Scholz’ steuerfinanzierte Umverteilungspolitik bis zu Friedrich Merz’ wirtschaftlich versandenden Ankündigungen – zeigen:
Der Mittelstand wird systematisch ignoriert, instrumentalisiert oder übergangen.
Was wiegt schwerer: Dass die Politik den Mittelstand nicht ernst nimmt? Oder dass es den bestehenden Verbänden nicht gelingt, den Mittelstand strategisch, geeint und durchsetzungsstark zu vertreten?
Die bittere Wahrheit ist: Viele Unternehmer bleiben in ihren Verbänden in der Hoffnung, dass dort jemand für sie kämpft.
Doch diese Mitgliedschaft wirkt in vielen Fällen nicht als Hebel zur politischen Gestaltung – sondern als Beruhigungstablette ohne Wirkung. Programme werden veröffentlicht, Forderungen werden formuliert – doch der politische Realitätstest bleibt aus.
Gesetze werden beschlossen, Belastungen steigen, Insolvenzen häufen sich – und die Stimme der Wirtschaft bleibt leise, oft ungehört.
Dieses Grundsatzpapier will nicht anklagen, sondern aufklären – und vor allem neu denken: Es analysiert die strukturellen Schwächen der heutigen Mittelstandsvertretung, beleuchtet die politische Realität seit 2005 – und zeigt auf, wie ein strategischer Zusammenschluss der führenden Wirtschaftsverbände zu einer echten wirtschaftspolitischen Kraft führen kann.
Denn eines ist klar: Getrennt ist der Mittelstand laut – aber wirkungslos. Vereint könnte er politisch gestalten.
2. Analyse: Warum die heutigen Wirtschaftsverbände strukturell zu schwach sind
2.1. Plakative Programme ohne Substanz
Die Programme der Mittelstandsverbände klingen auf den ersten Blick kraftvoll: Forderungen nach Steuersenkungen, Bürokratieabbau, besseren Rahmenbedingungen für Innovation und Fachkräfte sind auf nahezu jeder Agenda zu finden.
Doch bei genauer Betrachtung wird klar: Die Umsetzung ist in der Regel nicht hinterlegt. Es fehlen realistische Zeitpläne, strategische Priorisierungen, konkrete Umsetzungsmodelle – und vor allem: politische Machtbasis.
2.2. Zersplitterung statt Bündelung
Der Mittelstand ist organisatorisch zersplittert in zahlreiche Interessenvertretungen – teils branchenbasiert, teils parteinah, teils regional orientiert. Diese Vielzahl erzeugt jedoch keine Stärke, sondern verhindert einen machtvollen politischen Hebel.
Jeder Verband spricht für sich, häufig mit unterschiedlicher Tonalität und Gewichtung – was am Ende dazu führt, dass keiner durchdringt.
2.3. Politische Nähe statt systemischer Kritik
Insbesondere parteinahe Verbände wie der Wirtschaftsrat der CDU haben sich über Jahrzehnte eine politische Nähe aufgebaut, die zwar Zugang verspricht, aber klare Kritik oft unterbindet. Diese Nähe erzeugt Rücksicht – nicht Wirksamkeit.
2.4. Fehlende Durchsetzungsstrategie
Die bestehenden Verbände agieren oft verwaltend, statt gestaltend. Pressemitteilungen, Konferenzen und Gesprächsrunden ersetzen keine strategische Politikgestaltung. Es fehlt an belastbaren eigenen Gesetzesvorschlägen, Eskalationsstufen bei politischer Ignoranz, und der Fähigkeit, öffentliche Debatten so zu prägen, dass sie politischen Handlungsdruck erzeugen.
2.5. Kommunikationsdefizite im digitalen Zeitalter
In einer Welt, in der politische Meinungsbildung zunehmend über Narrative, soziale Medien und strategische Kommunikationskampagnen läuft, bleiben viele Verbände in althergebrachten Mustern gefangen. Es fehlt an Mut zur Sprache, Klarheit in der Botschaft und Sichtbarkeit im öffentlichen Raum.
3. Die politische Realität seit Merkel – Warum sich trotz aller Programme nichts verändert hat
3.1. Angela Merkel: Verwaltung statt Erneuerung (2005–2021)
Angela Merkel verwaltete, statt zu gestalten. Die wirtschaftliche Agenda wurde entschärft, nicht weiterentwickelt. Die Folge war ein tiefgreifender Reformstau. Unternehmerische Dynamik wurde durch politische Risikovermeidung ausgebremst. Der Mittelstand blieb tragend – aber politisch stumm gestellt.
3.2. Olaf Scholz: Ideologische Umverteilung ohne Wachstumsstrategie (2021–2025)
Die Ampelregierung stellte nicht wirtschaftliches Wachstum, sondern gesellschaftliche Umverteilung ins Zentrum. Subventionen ersetzten Strukturreformen. Energiekrisen, Steuererhöhungen und Bürokratie trafen den Mittelstand mit voller Wucht – während ideologische Agenden Vorrang hatten. Eine strategische Mittelstandspolitik fand nicht statt.
3.3. Friedrich Merz: Die gescheiterte Hoffnung auf wirtschaftspolitische Klarheit
Mit Merz verbanden viele Unternehmer Hoffnung auf einen wirtschaftspolitischen Neustart. Doch seine CDU bleibt kraftlos, gefangen im GroKo-Denken. Die angekündigte Wirtschaftswende blieb aus – nicht zuletzt, weil es keine organisierte Kraft gab, die sie verbindlich einforderte.
4. Der strategische Schulterschluss: Wie eine geeinte Mittelstandsvertretung politische Schlagkraft entfalten kann
4.1. Zusammenschluss der relevanten Kräfte
Ein gemeinsames Dach – z. B. ein „Wirtschaftsforum Mittelstand 2030“ – sollte entstehen: als Plattform für koordinierte Interessenvertretung, gemeinsame Agenda, mediale Durchsetzungskraft und politische Verhandlungsmacht.
4.2. Professionalisierung durch neue Führungskompetenz
Notwendig ist ein strategisch geführtes Leitungsteam, unterstützt durch Beiräte aus Kommunikation, Wissenschaft, Recht, Wirtschaft. Keine Verwaltung, sondern Gestaltung.
4.3. Vom Forderungskatalog zur Umsetzungsstrategie
Der neue Verband muss liefern: Gesetzesvorschläge, Reformmodelle, internationale Vergleichsstudien, Exit-Szenarien und positive Alternativen.
4.4. Kommunikation als Machtinstrument
Sichtbarkeit schlägt Nähe. Politik reagiert auf die Öffentlichkeit. Der neue Mittelstandsblock muss eigene Narrative setzen, mediale Präsenz aufbauen, mutig kommunizieren.
4.5. Internationale Dimension als Hebel
Durch internationale Allianzen (z. B. mit der Schweiz, Österreich, Skandinavien) kann zusätzlicher Druck erzeugt und der politischer Reformwille gestärkt werden.
5. Ausblick und Aufruf: Jetzt handeln – oder in der politischen Bedeutungslosigkeit verschwinden
Der Mittelstand verliert nicht an Bedeutung – sondern an Stimme. Wer jetzt nicht handelt, überlässt das Feld jenen, die wirtschaftliche Realität nicht kennen oder bewusst ignorieren.
Gleichzeitig müssen wir auch auf eine strukturelle Schwäche innerhalb der Verbände selbst hinweisen: Die oft hierarchisch abgeschotteten Strukturen führen dazu, dass der direkte Zugang zur Verbandsspitze für normale Mitglieder nahezu unmöglich ist. Einfluss erhält, wer eine große Firma führt oder prominent ist.
Wer jedoch als engagierter, intelligent agierender Mittelständler mit sozialem Verantwortungsbewusstsein auftritt, findet selten Gehör.
Auch hier muss ein Wandel stattfinden: Demokratisierung der internen Kommunikation, Transparenz über Entscheidungswege und eine klare Kultur der Offenheit gegenüber allen Mitgliedern sind Grundvoraussetzungen, wenn die neue Mittelstandsvertretung nicht dieselben Fehler wiederholen will.
Drei konkrete Schritte:
- Einberufung eines Mittelstandsgipfels
- Aufbau einer strategischen Projektgruppe
- Start einer öffentlichen Sichtbarkeitsoffensive
Fazit:
Der Mittelstand war nie Verwalter. Er war immer Gestalter! Jetzt ist unübersehbar die Zeit gekommen, diese Rolle zurückzuholen – mit Kraft, Klarheit und vor allem einer gemeinsamen Stimme.
Herzlichst
Ihr
Thomas H. Stütz
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