Sanierungskonzept Stahlindustrie

Lesedauer 24 Min.

Autor: Thomas H. Stütz
Chief Global Strategist
Berlin / Stuttgart, im September 2025

Kapitelübersicht

  1. Ausgangslage und Problemstellung
    Globale Dominanzverschiebung im Stahlsektor, Aufkäufe durch China, ausländische Investoren, Rohstoffabhängigkeit, Kosten- und Standortfalle.
  2. Industriearchitektur und Abhängigkeiten
    Verflechtungen mit Automobil, Bahn, Chemie, Bauwirtschaft, Verteidigung und Energiewende, Stahl als Rückgrat der Rückgrate.
  3. Kosten- und Standortprobleme
    Energiepreise, Lohn- und Tarifbindung, Bürokratie, Investitionsstau, ineffektive Subventionen, Standortfalle im internationalen Vergleich.
  4. Zukunftstechnologien und Investitionspfade
    Wasserstoff-DRI, Recyclingkreisläufe, SMR/Offshore-Wind, Digitalisierung, Chancen und Illusionen, Investitionsbedarf > 100 Mrd. €.
  5. Internationale Konkurrenz und Märkte
    China als Dominanzakteur, Indien als Herausforderer, USA mit Protektionismus, Türkei als Schrott-Drehscheibe, BRICS-Verschiebung, EU strategisch schwach.
  6. Sanierungsarchitektur
    Nationale Stahlstrategie, Stahlfonds (20–25 Mrd. €), Energie- und Rohstoffsicherung, Verzahnung mit Sicherheit/Infrastruktur, Governance im Kanzleramt.
  7. Handlungsempfehlungen / Prioritäten
    Drei-Phasen-Modell:
    Rettung (1–3 Jahre): Energiebrücke, Anti-Dumping, Nachfragegarantie.
    Erneuerung (3–7 Jahre): DRI, SMR, Recycling, Governance.
    Souveränität (7–20 Jahre): Stahl-Airbus, Rohstoffallianzen, westliche Stahlallianz.
  8. Spannungsfeld globaler Handels- und Zollpolitik.
    Es zeigt auf, wie protektionistische Maßnahmen (USA, Indien, Türkei, China) das Marktgefüge verschieben, welche Risiken und Chancen sich für die deutsche und europäische Stahlindustrie ergeben und welche Strategien notwendig sind, um im geopolitischen Wettbewerb nicht marginalisiert zu werden.

Einleitung

Die deutsche Stahlindustrie steht nicht vor einer Marktkrise, sondern an einer strategischen Zeitenwende. Jahrzehntelang wurde sie als „alte Industrie“ behandelt, wichtig, aber ersetzbar, im Schatten von Digitalisierung, Dienstleistungen und Energiewende.

Diese Sichtweise ist fatal falsch. Stahl ist die Substanzindustrie: Ohne ihn gibt es weder Autos, Züge, Brücken, Panzer noch Energienetze. Er ist der Werkstoff der Souveränität.

Gleichzeitig hat sich seit zwei Jahrzehnten eine globale Dynamik entwickelt, die Europa und Deutschland marginalisiert:

  • China hat Stahl zur geopolitischen Waffe gemacht, durch Dominanz, Dumping und weltweite Aufkäufe.
  • Indien, Türkei, BRICS sichern sich Märkte, während die USA ihre Produktion durch Protektionismus schützen.
  • Deutschland und Europa dagegen setzen auf Regulierung und Subventionen ohne Industrieschutz, ohne strategische Architektur.

Die Folge:
Eine Industrie, die in allen Wertschöpfungsketten zentral ist, steht kurz davor, irreversibel verloren zu gehen.

Dieses Dokument zeigt auf:
Wie tief die Verflechtungen sind, wo die systemischen Brüche liegen und welche Sanierungsarchitektur notwendig ist, um die deutsche Stahlindustrie nicht nur zu retten, sondern als strategische Ressource neu zu positionieren.

Kapitel 1 – Ausgangslage

Die deutsche Stahlindustrie steht an einem Kipppunkt, der weit über die klassischen Marktmechanismen hinausgeht. Während Politik, Medien und große Teile der Wirtschaft noch in den gewohnten Begriffen von „Kosten“, „Standorten“ und „CO₂-Reduktion“ argumentieren, vollzieht sich seit zwei Jahrzehnten eine tektonische Machtverschiebung, die Stahl zu einer geopolitischen Schlüsselressource gemacht hat.

1.1 Historischer Hintergrund – Vom industriellen Fundament zur geopolitischen Waffe

Stahl war seit der Industrialisierung die Währung der Macht:

  • Ohne Stahl keine Eisenbahnen, keine Hochhäuser, keine Panzer, keine Schiffe.
  • Deutschland selbst wurde in der Vergangenheit als „Stahlherz Europas“ bezeichnet, nicht nur aufgrund von Krupp und Thyssen, sondern wegen der gesamten Integration in Automobil, Maschinenbau und Rüstung *1.
  • In der Nachkriegsordnung galt Stahlproduktion als systemrelevant. Die Montanunion (1951) war der Ausgangspunkt der heutigen EU, ein Hinweis darauf, dass die Kontrolle über Stahlproduktion von Beginn an als Frage europäischer Friedens- und Machtarchitektur verstanden wurde *2.

Heute jedoch ist diese Systemrelevanz aus dem Bewusstsein verschwunden. Stahl wird in Berlin und Brüssel fast nur noch durch die Brille der Dekarbonisierung gesehen und damit auf CO₂-Zertifikate, Wasserstoffprojekte und Green-Transition-Papiere reduziert.

Die eigentliche strategische Dimension: Kontrolle über Versorgung, Eigentum und die geopolitische Hebelwirkung, bleibt unbenannt.

1.2 Der chinesische Masterplan

China hat als einziges Land den Zusammenhang von Industriepolitik und geopolitischer Dominanz im Stahlsektor konsequent umgesetzt.

  • Produktionsexplosion: Während Europa und die USA ihre Stahlwerke stilllegten, baute China seit den 2000er Jahren hunderte Hochöfen. Heute produziert Peking über 55 % des Weltstahls, mehr als die nächsten 20 Länder zusammen *3.
  • Aufkäufe im Ausland: Parallel dazu sicherte sich China über staatlich gesteuerte Konzerne Beteiligungen und Übernahmen weltweit:
    • Erzminen in Afrika (z. B. Simandou-Projekt in Guinea *4)
    • Schrott- und Recyclingmärkte in Europa und Asien *5
    • Produktionsanlagen in Lateinamerika und Südeuropa *6
  • Transportlogistik: Chinesische Reedereien und Hafeninvestitionen (Stichwort „Belt and Road“) sichern die globale Rohstoffversorgung *7.
  • Strategischer Hebel: Wer Stahl kontrolliert, kontrolliert Lieferketten von Automobil bis Verteidigung. China hat diesen Zusammenhang in eine Staatsdoktrin übersetzt, Europa hingegen in eine Regelungsfrage.

Das Ergebnis:
Europa und Deutschland sind nicht mehr Gestalter, sondern Preisnehmer in einem Markt, der längst von Peking gesteuert wird.

1.3 Ausländische Investoren in Deutschland und Europa

Die deutschen Traditionskonzerne (Thyssenkrupp, Salzgitter, Dillinger Hütte) stehen seit Jahren unter massivem Druck. Investitionsstau, Energiekosten und politische Unsicherheit führen dazu, dass ausländisches Kapital die Lücken füllt.

  • Indische Konzerne (Tata Steel) haben sich systematisch in den europäischen Markt eingekauft *8.
  • Arabische Staatsfonds sichern sich über stille Beteiligungen Zugang zu Technologie und Märkten *9.
  • Chinesische Player treten nicht immer offen auf, sondern nutzen europäische Töchter, Joint Ventures oder Rohstofffirmen als Einfallstore *10.

Für Deutschland bedeutet dies:
Die Eigentümerinteressen liegen oft außerhalb nationaler oder europäischer Sicherheitsinteressen. In der Praxis heißt das: Ein Werk in NRW oder Niedersachsen kann in Zukunft Entscheidungen aus Mumbai, Abu Dhabi oder Peking unterworfen sein – nicht aus Berlin.

1.4 Kosten- und Standortprobleme oder die zweite Front

Parallel zur geopolitischen Übernahme verschärfen strukturelle Kostenprobleme die Lage:

  • Energiepreise: Kein Industrieland der Welt produziert so teuer wie Deutschland. Strom- und Gaspreise treiben die Kosten pro Tonne Stahl weit über internationale Benchmarks hinaus *11.
  • Wasserstoff-Debatte: Der Umstieg auf Direktreduktionsanlagen (DRI) mit grünem Wasserstoff wird politisch gefordert, ist aber finanziell und infrastrukturell kurzfristig nicht darstellbar. Die Gefahr: Ein „technologischer Zwang“ ohne realistische Brücke *12.
  • Lohnkosten und Tarifstrukturen: Hohe Personalkosten bei zugleich sinkender Produktivität setzen die Margen unter Druck *13.
  • Investitionsstau: Viele Anlagen sind technisch veraltet. Während China neue Werke baut, fährt Deutschland auf dem Verschleiß der 1970er/80er Jahre *14.

1.5 Rohstoffabhängigkeit – der unterschätzte Risikofaktor

  • Deutschland ist zu fast 100 % von Eisenerz- und Kokskohleimporten abhängig *15.
  • Hauptquellen: Brasilien, Australien, Kanada, früher auch Russland. Doch geopolitische Spannungen (Sanktionen, Handelskriege) machen diese Versorgung zunehmend unsicher *16.
  • Recyclingmarkt: Künftig soll Schrott eine Hauptquelle werden, doch auch hier drängt China massiv und sichert sich den Zugang über globale Handelsketten *17.

Damit entsteht eine Doppelabhängigkeit:
von Rohstofflieferanten und von denjenigen, die die Recyclingmärkte beherrschen.

1.6 Europäische Schwächen – die Illusion der Regulierung

Brüssel hat auf diese tektonische Veränderung nicht reagiert. Statt einer europäischen Stahlstrategie setzt die EU auf:

  • ETS (Emissionshandel) und CBAM (Carbon Border Adjustment Mechanism) – Instrumente, die zwar theoretisch Klimagerechtigkeit schaffen sollen, aber in der Praxis europäische Produzenten schwächen *18.
  • Subventionen ohne Strukturauflagen, die kurzfristig Löcher stopfen, aber keine strategische Handlungsfähigkeit schaffen *19.
  • Fehlende Investitionskontrolle: Während die USA chinesische Übernahmen im Stahlsektor blockieren, öffnet Europa die Türen im Glauben an „Marktlogik“ *20.

Das Ergebnis:
Europas Stahlproduktion schrumpft, während Importe aus Asien steigen.

1.7 Strategische Konsequenz – vom Marktproblem zur Sicherheitsfrage

Die Lage der deutschen Stahlbranche ist kein normales Marktproblem mehr. Es geht um eine strategische Ressource:

  • Ohne Stahl keine Panzer, keine Schiffe, keine Infrastruktur.
  • Ohne Eigenproduktion keine souveräne Sicherheitspolitik.
  • Wer die Kontrolle über seine Stahlwerke verliert, verliert Handlungsfähigkeit in allen zentralen Industriesektoren.

Damit ist klar:
Die Sanierung der deutschen Stahlindustrie ist keine klassische „Industriepolitik“, sondern eine nationale Sicherheitsaufgabe.

Und sie entscheidet über die Frage, ob Deutschland im 21. Jahrhundert noch als Industrienation mit Eigenständigkeit existiert oder als abhängiger Abnehmer globaler Konzerne verschwindet.

Kapitel 2 – Industriearchitektur und Abhängigkeiten

Die deutsche Stahlbranche ist kein isolierter Sektor. Sie ist tragende Querschnittsindustrie, deren Produkte und Wertschöpfungsketten in nahezu allen anderen Kernbranchen wirken. Damit entsteht eine Industriearchitektur, deren Abhängigkeiten komplexer und strategisch relevanter sind, als es in den klassischen Bilanzen sichtbar wird.

2.1 Automobilindustrie – der Hauptabnehmer

  • Rund 20–25 % der deutschen Stahlproduktion fließen direkt in den Automobilsektor *1.
  • Flachstahl ist unverzichtbar für Karosserien, Fahrgestelle und sicherheitsrelevante Bauteile *2.
  • Ohne hochwertigen Stahl gibt es keine Crash-Sicherheit, keine Elektromobilität (Batteriegehäuse, Speziallegierungen) und keine Gewichtsoptimierung *3.
  • Strategische Abhängigkeit: Fällt die deutsche Stahlproduktion aus oder wird sie preislich untragbar, geraten die OEMs (VW, BMW, Mercedes) in Abhängigkeit von Importstahl, primär aus China und Indien. Das bedeutet: Das Rückgrat der deutschen Exportwirtschaft verliert seine Unabhängigkeit *4.

2.2 Deutsche Bahn und Infrastruktur – der systemische Stahlbedarf

  • Gleise, Brücken, Oberleitungen, Schienenfahrzeuge: Die Bahn ist ein stahlintensiver Sektor *5.
  • Die Infrastrukturprogramme der Bundesregierung (Milliardeninvestitionen in Schienennetze) sind ohne heimischen Stahl nicht realistisch umsetzbar *6.
  • Importabhängigkeit in diesem Bereich wäre nicht nur teuer, sondern sicherheitskritisch: Streckennetze, die auf ausländischem Stahl basieren, können durch Qualitätsstandards und Abnahmezyklen gezielt verwundbar gemacht werden *7.
  • Damit wird Stahl im Bahnsektor zu einer Frage nationaler Resilienz, nicht nur der Logistik.

2.3 Chemieindustrie und Maschinenbau – die strukturelle Tiefe

  • Chemie und Stahl sind wechselseitig abhängig:
    • Chemie liefert Energie, Reduktionsmittel, Beschichtungen, Spezialchemikalien für die Weiterverarbeitung *8.
    • Stahl liefert die Anlagenbasis: Reaktoren, Druckbehälter, Pipelines, Förderanlagen *9.
  • Der Maschinenbau, Deutschlands Exportkönigsdisziplin, benötigt Hochleistungsstähle für Werkzeugmaschinen, Turbinen, Industrieanlagen *10.
  • Implikation: Ein Ausfall der Stahlproduktion wirkt nicht linear, sondern exponentiell in der Wertschöpfungskette. Ganze Industriesegmente brechen gleichzeitig weg *11.

2.4 Bauwirtschaft – der stille Großverbraucher

  • Rund ein Drittel des Stahls in Deutschland geht in Bau und Infrastruktur: Hochhäuser, Brücken, Tunnel, Windkraftanlagen *12.
  • Gerade die „Energiewende“ ist ohne Stahl undenkbar: Offshore-Windparks, Strommasten, Pipelines *13.
  • Ein großer Teil dieser Bedarfe ist zeitkritisch: Bauprojekte können nicht auf verzögerte Lieferketten warten *14.
  • Abhängigkeit: Fällt heimischer Stahl aus, müssen Bauunternehmen auf Importware zurückgreifen, die nicht nur teurer, sondern auch qualitätsunsicher ist *15.

2.5 Verteidigung und Sicherheit – die unsichtbare Abhängigkeit

  • Kaum thematisiert, aber von höchster Brisanz: Panzer, Kriegsschiffe, Artillerie, Flugzeuge, alle benötigen Spezialstähle *16.
  • Deutschland besitzt in einigen Bereichen (z. B. Panzerstahl, U-Boot-Stahl) hochspezialisierte Werke *17.
  • Importabhängigkeit ist hier ein Sicherheitsrisiko ersten Ranges: Kein Land kann es sich leisten, seine Rüstungsproduktion von China oder Indien abhängig zu machen *18.
  • Ohne eigene Stahlproduktion ist jede Debatte über „Verteidigungsfähigkeit“ illusorisch.

2.6 Energie und Zukunftstechnologien – Stahl als Schlüsselmaterial

  • Wasserstoffnetze, Pipelines, Elektrolyseure, Reaktordruckbehälter, überall ist Stahl das Basismaterial *19.
  • Ohne Spezialstähle gibt es keine Small Modular Reactors (SMR), keine LNG-Terminals, keine Hochspannungsnetze *20.
  • Damit ist Stahl nicht nur ein „klassisches“ Industriegut, sondern ein Zukunftsträger für die Energiewende und neue Sicherheitsarchitekturen.

2.7 Komplexitätsarchitektur – der Multiplikator-Effekt

  • Stahl hat die höchste Multiplikatorwirkung aller Grundindustrien:
    • Ein Arbeitsplatz in der Stahlindustrie sichert bis zu 7–8 Arbeitsplätze in nachgelagerten Industrien *21.
    • Ein Produktionsausfall im Stahl wirkt gleichzeitig auf Automobil, Bahn, Bau, Rüstung und Energie, also auf das gesamte Industriesystem *22.
  • Anders gesagt: Die Stahlindustrie ist das Rückgrat der Rückgrate.
  • Deshalb ist ihre Krise keine sektorale Krise, sondern eine Systemkrise der deutschen Volkswirtschaft *23.

2.8 Strategische Implikation – Abhängigkeiten als Hebel

  • Wer die Stahlproduktion eines Landes kontrolliert oder destabilisiert, kontrolliert indirekt:
    • den Export (Auto, Maschinenbau),
    • die Infrastruktur (Bahn, Bau),
    • die Sicherheit (Rüstung),
    • die Energiewende (Wasserstoff, Wind, Atom) *24.
  • Damit wird Stahl zum Schlüsselhebel geopolitischer Einflussnahme *25.
  • Für Deutschland heißt das: Die Sicherung der Stahlindustrie ist nicht optional, sondern ein strategisches Muss, vergleichbar mit Energieversorgung oder Cyberabwehr *26.

Kapitel 3 – Kosten- und Standortprobleme

Die deutsche Stahlindustrie leidet unter einem Kosten- und Standortnachteil, der nicht zyklisch, sondern systemisch ist. Das bedeutet: Selbst bei global günstiger Marktlage bleibt Deutschland strukturell benachteiligt.

Der „Krankenhauszustand“ der Branche ist kein Ergebnis schlechter Unternehmensführung, sondern Ausdruck einer fehlerhaften industriepolitischen Architektur *1.

3.1 Energiepreise – die strukturelle Achillesferse

  • Deutschland weist die höchsten Industriestrompreise weltweit auf. Selbst nach Subventionen liegen die Kosten deutlich über denen der USA, Indiens oder Chinas *2.
  • Gasversorgung: Seit dem Wegfall russischer Pipeline-Gaslieferungen sind die Importpreise volatil und langfristig höher als die asiatische Konkurrenz *3.
  • Politisches Narrativ: „Grüner Wasserstoff“ als Ersatz. Realität: Es existiert weder eine Infrastruktur noch ein konkurrenzfähiges Preisniveau. Stahlwerke zahlen heute real bis zu 60–80 % mehr Energiekosten pro Tonne Stahl als asiatische Wettbewerber *4.

Implikation:
Jeder Hochofen in Deutschland produziert unter Kostenbedingungen, die global strukturell nicht darstellbar sind.

3.2 Lohnkosten und Tarifstrukturen

  • Die deutsche Stahlindustrie ist stark tarifgebunden (IG Metall, Flächentarif) *5.
  • Durchschnittliche Arbeitskosten liegen bei 50–60 €/Stunde, etwa doppelt so hoch wie in Südeuropa, fünfmal so hoch wie in Indien *6.
  • Produktivitätssteigerungen kompensieren diese Differenz nur noch begrenzt, da viele Prozesse energie- und rohstoffintensiv sind *7.
  • Zudem erzeugt der rigide Tarifrahmen eine Strukturstarre, die Anpassungen an Marktlagen erschwert *8.

3.3 Bürokratie und Regulierungsdichte

  • Deutschland ist im internationalen Vergleich das Land mit der höchsten administrativen Last pro produzierter Tonne Stahl *9.
  • Umweltauflagen, Berichtspflichten, CO₂-Zertifikate, Sicherheitsauflagen an sich berechtigt, in Summe jedoch ein Kostenblock, der Wettbewerber aus China, Indien oder der Türkei nicht betrifft *10.
  • Beispiel: Ein deutsches Stahlwerk verbringt jährlich mehrere Millionen Euro allein für Berichts- und Prüfpflichten, Mittel, die im globalen Wettbewerb nicht refinanzierbar sind *11.

3.4 Investitionsstau und Überalterung

  • Deutsche Stahlwerke operieren vielfach mit Anlagen aus den 1970er/80er Jahren *12.
  • Erneuerungsinvestitionen wurden seit den 1990ern aufgeschoben, weil die Renditen fehlten *13.
  • Ergebnis:
    • Hoher Wartungsaufwand
    • Geringere Energieeffizienz
    • Sinkende Wettbewerbsfähigkeit bei Qualitätsstandards (z. B. ultrahochfester Stahl, Speziallegierungen) *14
  • Asiatische Werke hingegen wurden seit den 2000ern massiv modernisiert, mit staatlicher Rückendeckung *15.

3.5 Subventionsarchitektur – Symptombehandlung statt Strukturkur

  • Berlin und Brüssel haben in den vergangenen Jahren Milliardenhilfen für die Branche bereitgestellt *16.
  • Diese Gelder fließen jedoch überwiegend in Brückenfinanzierungen und Energiekostenstützen, nicht in echte Strukturmodernisierung *17.
  • Beispiel: Thyssenkrupp Steel erhielt hunderte Millionen, um Wasserstoffpfade zu „erproben“, während die Basistechnologien unfinanziert bleiben *18.
  • Subventionen ohne Strukturauflagen schaffen keine Wettbewerbsfähigkeit, sie verlängern nur das Siechtum *19.

3.6 Standortkonkurrenz – Benchmarking international

  • USA: Energiepreise bis zu 70 % niedriger, massiver Protektionismus („Buy American“) *20.
  • China: Staatliche Preisstützen, Rohstoffsicherung, keine realen Umweltkosten *21.
  • Indien: Dynamischer Markt, günstige Löhne, aggressive Exportpolitik *22.
  • Türkei: Profitiert von Billigenergie und Schrottimporten, agiert zunehmend als Drehscheibe *23.
  • Deutschland/EU: Höchste Kostenstruktur, unklare politische Linie, keine echte Industrieschutzpolitik *24.

Fazit:
Deutschland ist globaler Hochkostenstandort ohne strategische Schutzmechanismen.

3.7 Strategische Konsequenz – die Standortfalle

  • Deutsche Stahlwerke können im globalen Wettbewerb nicht eigenständig bestehen, wenn sie unter den bestehenden Rahmenbedingungen agieren *25.
  • Jeder Produktionsstandort wird zur Kostenfalle, es sei denn, er wird durch staatliche Schutz- und Strukturmaßnahmen flankiert *26.
  • Der Vergleich mit der Luftfahrt (Airbus) zeigt: Ohne eine strategische Industrieschutzarchitektur gibt es keine langfristige Überlebensfähigkeit *27.

Zusammenfassung Kapitel 3

Die Kosten- und Standortprobleme der deutschen Stahlindustrie sind systemisch:

  • Energiepreise sind dauerhaft zu hoch.
  • Löhne und Tarifstrukturen sind international unflexibel.
  • Bürokratie und Regulierungen strangulieren.
  • Investitionsstaus machen Werke technologisch rückständig.
  • Subventionen wirken nur als Morphium, nicht als Therapie.

Damit ist klar:
Ohne grundlegende Neuausrichtung bleibt die deutsche Stahlindustrie im globalen Maßstab nicht mehr wettbewerbsfähig und ihre Abhängigkeiten (Kapitel 2) verstärken die strategische Gefährdung.

Kapitel 4 – Zukunftstechnologien und Investitionspfade

Die Debatte um die Zukunft der deutschen Stahlindustrie kreist seit Jahren um die Frage: Wie gelingt der Übergang zur CO₂-armen oder CO₂-freien Produktion, ohne die internationale Wettbewerbsfähigkeit endgültig zu verlieren? *1

Politik und Branche präsentieren dabei drei zentrale Investitionspfade:

  1. Direktreduktionsanlagen (DRI) auf Wasserstoffbasis,
  2. Recycling- und Kreislaufwirtschaft,
  3. Digitalisierung und Industrie 4.0.

Doch jeder dieser Pfade bringt Chancen und zugleich massive Fallstricke mit sich.

4.1 Wasserstoffstrategie – das politische Mantra

  • Direktreduktionsverfahren (DRI): Der klassische Hochofen wird durch Anlagen ersetzt, die Eisenerz mit Wasserstoff statt mit Koks reduzieren. Ergebnis: „Grüner Stahl“ *2.
  • Realität:
    • Der Energiebedarf solcher Anlagen ist enorm. Ein einziges Werk (z. B. Duisburg) benötigt mehr Wasserstoff, als ganz Deutschland aktuell produziert *3.
    • Infrastruktur fehlt: Wasserstoffnetze, Pipelines, Speicher sind nicht vorhanden *4.
    • Kosten: Grüner Wasserstoff kostet derzeit ein Vielfaches von Erdgas ohne massive Subventionen nicht tragfähig *5.
  • Implikation: Der politische Fahrplan setzt auf eine Technologie, deren industrielle Skalierung frühestens ab 2035 realistisch ist *6. Für die Werke bedeutet das: 15 Jahre Unsicherheit und Investitionsstillstand.

4.2 Recyclingkreisläufe – die unterschätzte Ressource

  • In Zukunft soll ein Großteil der Stahlnachfrage über Schrott-Recycling gedeckt werden *7.
  • Vorteile: Deutlich geringerer Energieeinsatz, geschlossene Wertschöpfungsketten, Beitrag zur Kreislaufwirtschaft *8.
  • Risiken:
    • Der Schrottmarkt ist global begrenzt und wird zunehmend von China dominiert *9.
    • Hochwertiger Qualitätsstahl lässt sich nicht beliebig aus Schrott erzeugen. Speziallegierungen erfordern weiterhin Primärrohstoffe *10.
    • Deutsche Werke sind in der Sortierung und Wiederaufbereitung technologisch stark, aber logistisch schwach aufgestellt *11.
  • Implikation: Ohne eine nationale Recyclingstrategie (Sicherung der Schrottmengen, Exportkontrolle, Recyclingquoten) verliert Deutschland auch hier die Kontrolle.

4.3 Energiepartnerschaften – SMR und Offshore-Wind

  • Eine realistische Zukunftstechnologie liegt nicht allein in den Produktionsverfahren, sondern in der Energieversorgung:
    • SMR (Small Modular Reaktors): könnten mittelfristig die Grundlastversorgung der Stahlwerke sichern *12.
    • Offshore-Windparks: bieten in Verbindung mit Elektrolyseuren eine dezentrale Lösung für Wasserstoffproduktion *13.
  • Beide Technologien sind jedoch politisch umstritten. Deutschland blockiert faktisch die Kernenergie, während China und die USA massiv in SMR investieren *14.

4.4 Digitalisierung und Industrie 4.0

  • Prozessoptimierung, vorausschauende Wartung, KI-gestützte Produktionssteuerung, hier liegt erhebliches Potenzial *15.
  • Vorteile: Effizienzsteigerung, Kostensenkung, Qualitätsoptimierung *16.
  • Aber: Digitalisierung kann Kostenlücken im Energiesektor nicht schließen. Sie wirkt als Effizienzverstärker, nicht als Systemlösung *17.

4.5 Internationale Perspektive – die Asymmetrie

  • Während Deutschland auf „grünen Stahl“ setzt, verfolgen andere Länder pragmatische Wege:
    • USA: Schutz durch Zölle, Ausbau der gas- und kohlebasierten Stahlwerke, parallel Forschung an Wasserstoff *18.
    • China: Weiterbetrieb von Kohlehochöfen, aber Aufbau eines globalen Recyclingnetzes *19.
    • Indien: Fokus auf Kostenvorteil, kaum Dekarbonisierungsdruck *20.

Ergebnis: Deutschland geht einen Sonderweg, der zwar klimapolitisch ambitioniert, aber wirtschaftlich isolierend ist *21.

4.6 Investitionsbedarf – die nackten Zahlen

  • Für die vollständige Umstellung der deutschen Stahlproduktion auf Wasserstoff werden bis 2045 geschätzt 30–40 Mrd. € benötigt *22.
  • Der Aufbau eines nationalen Wasserstoffnetzes wird auf 50–70 Mrd. € geschätzt *23.
  • Recyclinginfrastruktur und Digitalisierung schlagen mit weiteren 10–15 Mrd. € zu Buche *24.
  • Gesamtvolumen: Über 100 Mrd. €, ein Betrag, den weder Unternehmen noch Staat in der aktuellen Finanzlage tragen können *25.

4.7 Strategische Bewertung

  • Die Zukunftstechnologien sind technisch realistisch, aber politisch und finanziell nicht abgesichert *26.
  • Ohne strategische Steuerung läuft Deutschland Gefahr, eine „Technologieillusion“ zu verfolgen: Visionäre PowerPoint-Präsentationen ohne industrielle Umsetzung *27.
  • Der entscheidende Faktor wird die Sicherung der Energieversorgung sein. Ohne bezahlbare Grundlast bleibt jede Wasserstoff- oder Recyclingstrategie Makulatur *28.

Zusammenfassung Kapitel 4

Die Zukunft der Stahlindustrie hängt an drei Investitionspfaden: Wasserstoff, Recycling, Digitalisierung. Doch jeder Pfad ist mit systemischen Unsicherheiten belegt:

  • Wasserstoff ist technologisch richtig, aber zeitlich unrealistisch.
  • Recycling ist ökologisch sinnvoll, aber geopolitisch kontrolliert.
  • Digitalisierung ist effizient, aber kein Ersatz für Kostenstrukturen.

Die strategische Wahrheit lautet:
Ohne neue Energiearchitektur (SMR, Offshore, bilaterale Abkommen) bleibt der deutsche Stahlsektor perspektivisch nicht überlebensfähig.

Kapitel 5 – Internationale Konkurrenz und Märkte

Die deutsche Stahlindustrie konkurriert nicht auf einem „freien Markt“, sondern in einem geopolitisch fragmentierten Umfeld, in dem Staaten strategisch intervenieren, Zölle erheben und globale Lieferketten bewusst steuern. Wer das ausblendet, kann keine realistische Sanierungsstrategie entwickeln *1.

5.1 China – die systemische Dominanz

  • Marktanteil: China produziert über 55 % des Weltstahls, exportiert in fast alle Märkte und bestimmt faktisch den Weltmarktpreis *2.
  • Dumpingstrategie: Überkapazitäten werden gezielt auf den Weltmarkt geworfen, selbst unterhalb der Produktionskosten. Ziel ist nicht Gewinnmaximierung, sondern Marktverdrängung *3.
  • Staatsdoktrin: Stahl ist in China nicht nur Industrie, sondern nationale Sicherheitsstrategie. Deshalb existieren unbegrenzte staatliche Subventionen, billige Energie, Rohstoffsicherung und Exportkredite *4.
  • Implikation für Deutschland: Jeder Versuch, mit China preislich mitzuhalten, ist aussichtslos. Die chinesische Dominanz ist kein Marktfehler, sondern Staatsstrategie.

5.2 Indien – der kommende Herausforderer

  • Indien baut seine Stahlproduktion massiv aus und setzt auf niedrige Kosten (Löhne, Energie) *5.
  • Das Land profitiert von einem wachsenden Binnenmarkt, exportiert aber zunehmend nach Europa *6.
  • Indiens Vorteil: Es steht außerhalb des westlichen Klimaregulierungsdrucks. Die Produktion basiert weiterhin stark auf Kohle, was niedrigere Preise ermöglicht *7.
  • Für Deutschland bedeutet das: Neben China entsteht ein zweiter systemischer Wettbewerber, der in den nächsten 10–15 Jahren massiv Marktanteile gewinnen wird.

5.3 USA – Protektionismus als Industrieschutz

  • Die USA haben ihre Stahlproduktion durch massive Schutzzölle („Section 232 tariffs“) abgeschirmt *8.
  • „Buy American“-Programme zwingen staatliche Projekte, heimischen Stahl zu verwenden *9.
  • Energiepreise sind in den USA deutlich niedriger (Schiefergas, Atomkraft) *10.

Ergebnis:
Die US-Stahlbranche ist zwar kleiner als die chinesische, aber strategisch gesichert. Deutschland dagegen ist „offener Markt“ ohne Protektion, ohne Industrieschutz.

5.4 Türkei – die Schrott-Drehscheibe

  • Die Türkei ist heute einer der größten Schrottimporteure und -verarbeiter weltweit *11.
  • Sie agiert als Zwischenhändler: kauft Schrott billig ein, verarbeitet und exportiert Stahlprodukte nach Europa *12.
  • Vorteile: Billige Energie, keine CO₂-Kosten, flexible Industriepolitik *13.
  • Deutschland importiert bereits relevante Mengen aus der Türkei, oft unbemerkt, da es über Zwischenhändler läuft *14.

5.5 BRICS und globale Südallianzen

  • Die BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika) nutzen Stahl als Machtfaktor in Handelsbeziehungen *15.
  • Russland: nach wie vor ein relevanter Lieferant, durch Sanktionen blockiert aber im BRICS-Kontext mit neuen Absatzmärkten (China, Indien) *16.
  • Brasilien: Eisenerz-Gigant, zunehmend in chinesischer Hand (z. B. Vale als Rohstoffpartner Pekings) *17.
  • Südafrika: Lieferant für Erz und Speziallegierungen, politisch offen für chinesische und indische Einflussnahme *18.

Im Ergebnis: Verschiebt sich die Stahlwertschöpfungskette nach Osten und Süden, verliert Europa Zugänge.

5.6 EU und Deutschland – die strategische Schwäche

  • Während andere Staaten aktiv Industrieschutz betreiben, setzt die EU auf Binnenmarkt und Regulierung *19.
  • CBAM (Carbon Border Adjustment Mechanism): soll eigentlich Ausgleich schaffen – doch in der Realität sind die Mechanismen zu schwach, um chinesisches Dumping zu verhindern *20.
  • Deutschland folgt dieser Linie und öffnet damit seine Märkte, während Konkurrenten protektionistisch agieren.

Ergebnis: Ein asymmetrisches Spielfeld, auf dem deutsche Produzenten verlieren müssen.

5.7 Geopolitische Konsequenz

  • Stahl ist keine normale Ware, sondern eine geoökonomische Waffe *21.
  • China nutzt Stahl, um Märkte zu destabilisieren.
  • Die USA nutzen Stahl, um nationale Souveränität zu sichern.
  • Indien nutzt Stahl, um den globalen Aufstieg zu beschleunigen.
  • Europa und Deutschland nutzen Stahl aktuell nicht, sondern verlieren ihn.

Damit ist klar: Ohne neue Außenhandels- und Industrieschutzpolitik kann Deutschland die Stahlindustrie nicht retten, selbst modernste Technologien würden im globalen Dumping untergehen.

Zusammenfassung Kapitel 5

Die internationale Konkurrenz handelt nicht nach Marktlogik, sondern nach Staatsinteresse:

  • China setzt auf Dominanz durch Überproduktion.
  • Indien nutzt Kosten- und Regulierungsfreiheit.
  • USA sichern sich mit Protektionismus.
  • Türkei nutzt die Schrottökonomie.
  • BRICS verschieben den Schwerpunkt nach Süden und Osten.
  • Europa bleibt offen und ungeschützt.

Die deutsche Stahlindustrie spielt damit in einem asymmetrischen Spiel und verliert systematisch.

Kapitel 6 – Sanierungsarchitektur

Eine Sanierung der deutschen Stahlbranche ist kein betriebswirtschaftlicher Prozess, sondern eine nationale Industriestrategie *1.

Das Ziel muss lauten:
Sicherung, Modernisierung und strategische Einbettung
der Stahlproduktion als unverzichtbares Rückgrat der Volkswirtschaft und der nationalen Sicherheit.

6.1 Grundprinzipien der Sanierungsarchitektur

  1. Industriesicherung statt Subventionierung: Staatliche Mittel dürfen nicht in bloße Verlängerung bestehender Strukturen fließen, sondern müssen an klare Modernisierungsauflagen geknüpft sein *2.
  2. Public-Private-Modelle: Staat und private Eigentümer müssen gemeinsam Verantwortung tragen, analog zu Airbus *3.
  3. Verzahnung mit Sicherheits- und Infrastrukturpolitik: Stahl ist sicherheitsrelevant – daher gehört das Verteidigungsministerium ebenso an den Tisch wie Wirtschaft und Finanzen *4.
  4. Langfristige Rohstoff- und Energieabkommen: Ohne gesicherte Versorgung bleibt jede Modernisierung wertlos *5.

6.2 Nationale Stahlstrategie – ein deutsches Airbus-Modell

  • Einrichtung einer „Nationalen Stahlholding“ als Dachgesellschaft, in die zentrale Werke eingebunden werden *6.
  • Staatliche Beteiligungen an Schlüsselwerken (z. B. Duisburg, Salzgitter) sichern Kontrollrechte *7.
  • Klare Zieldefinition: Produktion, die strategisch notwendig ist (Panzerstahl, Bahnschienen, Hochleistungsflachstahl), bleibt zwingend national *8.
  • Vorbild: Airbus entstand als europäische Antwort auf US-Dominanz in der Luftfahrt, eine ähnliche Logik ist im Stahlsektor erforderlich *9.

6.3 Stahlfonds Deutschland

  • Einrichtung eines Stahl-Sonderfonds (ähnlich dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds, WSF) *10.
  • Finanzierung über KfW, Hermesdeckungen und Bundesmittel *11.
  • Volumen: mindestens 20–25 Mrd. € für die nächsten 10 Jahre *12.
  • Ziel: Investitionen in Zukunftstechnologien (Wasserstoff, Recycling, SMR) und Sicherung von Übergangsphasen *13.
  • Bedingung: Zugang nur gegen Modernisierungsauflagen, kein „Geld ohne Gegenleistung“ *14.

6.4 Energie- und Rohstoffsicherung

  • SMR-Kraftwerke als langfristige Grundlastversorgung für Stahlstandorte *15.
  • Bilaterale Rohstoffabkommen (Brasilien, Kanada, Australien, Norwegen) zur gesicherten Lieferung von Erz und Kohle *16.
  • Aufbau einer nationalen Recyclingstrategie: Exportkontrollen für Schrott, gezielte Förderung von Rückführungskreisläufen *17.

6.5 Integration in Sicherheits- und Infrastrukturpolitik

  • Verteidigung: Panzerstahl, Kriegsschiffbau, U-Boot-Stahl werden als sicherheitskritische Materialien klassifiziert, vergleichbar mit IT-Sicherheitskomponenten *18.
  • Bahn und Infrastruktur: Rahmenverträge zwischen Bund, Bahn und Stahlwerken sichern Grundnachfrage *19.
  • Energiewende: Verpflichtende Nutzung deutschen Stahls bei Schlüsselprojekten (Windkraft, Stromnetze, Pipelines) *20.

6.6 Steuerung und Governance

  • Einrichtung eines „Stahlrates“ im Kanzleramt: Vertreter von Industrie, Gewerkschaften, Politik und Sicherheitsinstitutionen *21.
  • Ziel: Koordination aller Maßnahmen, direkte Berichtspflicht an die Bundesregierung.
  • Monitoring über jährliche Stahlberichte (Produktion, Energieverbrauch, Investitionen, internationale Konkurrenz) *22.

6.7 Internationale Dimension – Schutz durch Außenpolitik

  • Einsatz für europäische Schutzmechanismen gegen Dumpingimporte *23.
  • Falls Brüssel blockiert: Nationale Schutzklauseln (ähnlich Section 232 USA) *24.
  • Aufbau von strategischen Allianzen mit USA, Kanada, Japan zur Sicherung westlicher Stahlproduktion *25.
  • Vermeidung der vollständigen Abhängigkeit von China und Indien *26.

6.8 Kommunikations- und Akzeptanzstrategie

  • Die Öffentlichkeit muss begreifen: Stahl ist kein „altindustrielles Relikt“, sondern eine Sicherheitsressource *27.
  • Narrative:
    • „Ohne Stahl kein Auto, kein Zug, kein Panzer, kein Stromnetz.“
    • „Stahl ist Rückgrat der Souveränität.“
    • „Stahl ist Zukunft, nicht Vergangenheit.“
  • Ziel: Politische und gesellschaftliche Akzeptanz für massive Investitionen schaffen.

Zusammenfassung Kapitel 6

Die Sanierung der deutschen Stahlindustrie erfordert:

  • eine nationale Stahlstrategie mit staatlicher Beteiligung,
  • einen Stahlfonds mit 20–25 Mrd. €,
  • gesicherte Energie- und Rohstoffversorgung,
  • Verzahnung mit Verteidigung und Infrastruktur,
  • Industrieschutz auf nationaler und internationaler Ebene.

Dies ist keine Industriepolitik im klassischen Sinn, sondern eine strategische Neuordnung, vergleichbar mit der Luftfahrt (Airbus) oder der Energieversorgung.

Ohne eine solche Architektur wird die deutsche Stahlbranche in den nächsten 10–15 Jahren irreversibel verschwinden.

Kapitel 7 – Handlungsempfehlungen und Prioritäten

Die deutsche Stahlindustrie kann nur durch ein abgestuftes, strategisches Vorgehen stabilisiert werden. Dabei ist entscheidend, die Maßnahmen nicht als „Förderprogramme“, sondern als nationale Prioritäten zu behandeln, mit klarem Fokus auf Zeit, Wirkung und strategischer Notwendigkeit *1.

7.1 Kurzfristig (1–3 Jahre)

Ziel: Bestand sichern und Zeit gewinnen

  1. Energiepreisbrücke: Einführung eines Industriestrompreises von max. 6 ct/kWh für Stahlwerke *2.
  2. Anti-Dumping-Maßnahmen: Sofortige Schutzklauseln gegen chinesische und türkische Billigimporte (national oder EU-basiert) *3.
  3. Stahlfonds-Start: Sofortige Ausstattung mit mindestens 5 Mrd. € zur Überbrückung von Liquiditätsengpässen, nur bei klaren Modernisierungsauflagen *4.
  4. Bahn- und Verteidigungsaufträge: Vergabe verbindlicher Rahmenverträge (z. B. Schienen, Panzerstahl) zur Nachfrageabsicherung *5.
  5. Recyclingkontrolle: Einführung von Exportstopps für hochwertigen Schrott, Aufbau nationaler Sammel- und Aufbereitungsstrukturen *6.

7.2 Mittelfristig (3–7 Jahre)

Ziel: Strukturelle Modernisierung und Integration

  1. Direktreduktionsanlagen (DRI): Aufbau erster Großanlagen in Duisburg und Salzgitter, gekoppelt an realistische Wasserstoffversorgung *7.
  2. SMR-Pilotprojekte: Genehmigung und Bau von Small Modular Reaktors zur Standortversorgung *8.
  3. Recyclingnetzwerk Deutschland: Nationales Schrottsammelsystem, Investitionen in KI-gestützte Sortierung und hochwertige Wiederaufbereitung *9.
  4. Governance-Struktur: Voll funktionsfähiger Stahl Rat im Kanzleramt, jährliche Stahlberichte, Beteiligung von Verteidigungs- und Infrastrukturministerien *10.
  5. Öffentliches Narrativ: Kampagne „Stahl ist Zukunft“, Neubewertung des Sektors in Gesellschaft und Politik *11.

7.3 Langfristig (7–20 Jahre)

Ziel: Souveräne, nachhaltige Stahlarchitektur

  1. Vollintegration Wasserstoffpfad: Komplette Umstellung der Primärproduktion auf H₂-basierte Prozesse, gestützt auf nationale und internationale Lieferketten *12.
  2. Stahl-Airbus: Europäische Holdingstruktur, in der Deutschland zentrale Steuerungsrechte behält, paralleler Industrieschutz durch EU-Zölle *13.
  3. Globale Rohstoffallianzen: Langfristige Verträge mit Brasilien, Kanada, Australien, Norwegen sichern Erz- und Kohleversorgung *14.
  4. Strategische Autarkie: Eigene Kapazitäten für Panzerstahl, Speziallegierungen, Hochleistungsstähle, unabhängig von Importen *15.
  5. Westliche Stahlallianz: Gemeinsamer Markt mit USA, Kanada, Japan, Südkorea zur geopolitischen Gegenmacht gegen China und Indien *16.

7.4 Priorisierung – das 3-Stufen-Modell

  • Phase 1 – Rettung: Energiepreis, Anti-Dumping, Nachfragegarantie (1–3 Jahre) *17.
  • Phase 2 – Erneuerung: DRI, SMR, Recyclingnetzwerke (3–7 Jahre) *18.
  • Phase 3 – Souveränität: Vollintegration in Sicherheitsarchitektur, Stahl-Airbus, globale Rohstoffallianzen (7–20 Jahre) *19.

Zusammenfassung Kapitel 7

Die Sanierung der deutschen Stahlbranche ist nur möglich, wenn kurzfristige Stabilisierung, mittelfristige Modernisierung und langfristige Souveränität zusammengedacht werden:

  • Ohne schnelle Rettungsmaßnahmen (Energie, Anti-Dumping) bricht die Branche in 2–3 Jahren zusammen.
  • Ohne Investitionspfade (DRI, SMR, Recycling) bleibt sie ein Subventionsempfänger ohne Zukunft.
  • Ohne strategische Einbettung (Sicherheitsarchitektur, globale Allianzen) verliert Deutschland seine Handlungsfähigkeit im 21. Jahrhundert.

Die Botschaft ist klar:
Stahl ist nicht nur ein Werkstoff, er ist ein Machtfaktor.
Wer den Stahl verliert, verliert seine Industrie, seine Infrastruktur, seine Verteidigung und seine Souveränität.

Kapitel 8 – Globale Handels- und Zollarchitektur (2025–2035)

Die Stahlindustrie ist nicht nur Rohstofflieferant, sondern längst ein strategischer Machtfaktor im globalen Handelssystem. Stahlzölle sind dabei keine technische Frage, sondern ein geopolitisches Instrument zur Sicherung industrieller Souveränität.

8.1 USA – Protektionismus als Industriestrategie

Seit der Präsidentschaft Trump und fortgesetzt unter Biden gilt Stahl als „National Security Commodity“. Mit Section 232 Zöllen von 25 % auf Stahlimporte hat Washington ein faktisches Schutzschild errichtet, das die heimische Industrie gegen Billigimporte aus China und der Türkei abschirmt.

Die USA koppeln Stahl eng an Infrastruktur- und Verteidigungsprogramme, wodurch die Nachfrage staatlich garantiert ist. Für deutsche Anbieter bleiben Nischen (hochwertige Spezialstähle), doch die Basismärkte sind de facto abgeschottet.

8.2 China – Überkapazitäten als geopolitisches Druckmittel

China kontrolliert ca. 55 % der weltweiten Stahlproduktion. Die staatlich gestützte Überproduktion dient weniger dem Binnenbedarf als vielmehr der globalen Preissetzungsmacht. Dumpingexporte destabilisieren Märkte in Afrika, Südamerika und selbst Europa.

Gleichzeitig investiert China in Hochtechnologie-Stähle (z. B. für Elektromobilität und Rüstung), um Abhängigkeiten zu erzeugen. Zölle gegen chinesische Stahlimporte sind in der EU zwar in Kraft, doch sie wirken nur begrenzt, solange parallele Kanäle (über Vietnam, Malaysia) bestehen.

8.3 Indien – Aufsteiger im Stahlzeitalter

Indien ist auf dem Weg, bis 2030 zweitgrößter Stahlproduzent zu werden. Mit massiven Investitionen in Kapazität, verbunden mit Exportförderung, steigt das Land zum ernsthaften Wettbewerber auf. Indien kombiniert Zollschutz im Binnenmarkt mit gezielter Exportoffensive in Afrika und dem Nahen Osten, Märkte, die auch für Deutschland wichtig sind.

8.4 Türkei – Dominanz im Schrottmarkt

Die Türkei ist weltweit größter Importeur von Stahlschrott und nutzt diesen Vorteil zur flexiblen Produktion. Damit übt sie Druck auf Recycling- und Sekundärmärkte in der EU aus.

Gleichzeitig entstehen durch billige türkische Halbzeuge Wettbewerbsnachteile für europäische Produzenten. Zölle oder Mindeststandards sind bislang die einzige Antwort, reichen aber strategisch nicht aus.

8.5 EU – Defensive statt Offensive

Die EU reagiert überwiegend defensiv: Safeguard-Maßnahmen, temporäre Anti-Dumping-Zölle, Green-Deal-Subventionen. Ein gemeinsames industriepolitisches Mandat fehlt.

Während die USA ihre Stahlindustrie über Sicherheitspolitik absichern, setzt Brüssel auf CO₂-Bepreisung und Nachhaltigkeitsauflagen,  ohne Rohstoffsicherung, ohne Zollstrategie. Damit droht Europa zwischen Protektionismus (USA, Indien, Türkei) und Überkapazitäten (China) zerrieben zu werden.

8.6 Deutschland – die offene Flanke

Deutschland verzichtet bislang auf jede Form von nationalem Schutzinstrument. Ergebnis: Deindustrialisierungstendenzen. Stahlwerke (z. B. in Duisburg, Salzgitter) stehen unter massivem Druck durch Energiekosten, CO₂-Auflagen und Importdumping. Ohne klare Geoökonomie-Strategie wird Deutschland vom „Stahlmotor“ zum „Stahlimporteur“.

8.7 Strategische Handlungsfelder

  1. Zoll- und Handelspolitik: Aufbau einer europäischen Stahlallianz mit eigenem Zollschirm (analog Section 232 USA), gekoppelt an Green Steel Standards.

  2. Resilienzpartnerschaften: bilaterale Abkommen mit Rohstoffländern (Brasilien, Australien, Kanada) zur gesicherten Versorgung mit Eisenerz, Kokskohle, Wasserstoff.

  3. Recyclingstrategie: EU-weite Kontrolle des Schrottmarkts, Exportrestriktionen, Aufbau geschlossener Recyclingkreisläufe.

  4. Geopolitische Absicherung: Verankerung von Stahl als „kritische Infrastruktur“ in NATO/EU-Verteidigungslogik.

8.8 Schlussfolgerung

Stahl ist nicht nur Material, sondern Währung geopolitischer Macht. Wer Stahl kontrolliert, kontrolliert Armee, Infrastruktur, Energie- und Mobilitätswende. Deutschland und Europa können diesen Hebel nicht länger ignorieren.


Die Entscheidung lautet: strategischer Zollschirm + Resilienzpartnerschaften + technologische Führerschaft – oder systemische Abhängigkeit und der Verlust industrieller Handlungsfähigkeit.

Schluss:

Die Sanierung der deutschen Stahlindustrie ist kein sektorales Projekt, sondern eine nationale und geopolitische Aufgabe.

Es geht nicht um die Rettung von Arbeitsplätzen allein, sondern um die Handlungsfähigkeit Deutschlands in den kommenden Jahrzehnten:

  • Ohne Stahl keine moderne Armee, keine Infrastruktur, keine Energiewende, kein Automobilsektor.
  • Ohne eigene Produktion Abhängigkeit von China, Indien und der Türkei mit unkalkulierbaren Folgen für Sicherheit und Souveränität.
  • Ohne Industrieschutz werden Milliardeninvestitionen in Wasserstoff oder Recycling wirkungslos verpuffen.

Die Botschaft ist eindeutig:
Deutschland muss die Stahlindustrie so behandeln, wie die USA ihre IT-Sicherheit oder wie Europa Airbus behandelt hat, als strategisches Projekt.

Drei Ebenen sind unverzichtbar:

  1. Rettung – sofortige Energiebrücke, Anti-Dumping, Nachfragegarantie.
  2. Erneuerung – DRI, SMR, Recycling, Governance-Struktur.
  3. Souveränität – Stahl-Airbus, globale Rohstoffallianzen, Westallianz.

Nur wenn diese Ebenen zusammengedacht und konsequent umgesetzt werden, kann Deutschland das Rückgrat seiner Industrie und Sicherheit erhalten.

Stahl ist nicht Vergangenheit. Stahl ist Zukunft, Macht und Souveränität.

Thomas H. Stütz
Chief Global Strategist – MOC Strategic Institute

Quellenangabe:

Kapitel 1 – Ausgangslage und Problemstellung

*1 Bundeszentrale für politische Bildung – „Deutschland als Stahlherz Europas“ – https://www.bpb.de/kurz-knapp/hintergrund-aktuell/
*2 EU-Kommission – „Geschichte der Montanunion“ – https://european-union.europa.eu/principles-countries-history/history-eu/de
*3 World Steel Association – World Steel in Figures 2023https://worldsteel.org
*4 IMF/Mining.com – „Guinea’s Simandou iron ore project“ – https://www.mining.com/web/
*5 OECD – „Global Scrap Flows and Chinese Demand“ – https://www.oecd.org/sti/ind/steel.htm
*6 Brookings Institution – „China’s global steel strategy“ – https://www.brookings.edu
*7 Belt and Road Initiative Center – „Port Investments Report“ – https://greenfdc.org/
*8 Tata Steel Europe – Annual Report 2022https://www.tatasteeleurope.com
*9 Mubadala Investment Company – „Sector Report 2021“ – https://www.mubadala.com
*10 Carnegie Endowment – „Chinese overseas investment patterns“ – https://carnegieendowment.org
*11 BDEW – Strompreisanalyse 2023 – https://www.bdew.de
*12 Fraunhofer ISI – „Wasserstoffbedarf in der Stahlindustrie“ – https://www.isi.fraunhofer.de
*13 ILO – Global Wage Report 2022https://www.ilo.org
*14 OECD Steel Committee – Capacity and Investment Report 2023https://www.oecd.org/sti/ind/steel.htm
*15 Eurostat – „EU imports of iron ore and coking coal“ – https://ec.europa.eu/eurostat
*16 BGR – Rohstoffbericht 2022 – https://www.bgr.bund.de
*17 EuRIC – Scrap Market Outlook 2023https://euric.org
*18 Europäische Kommission – ETS-Handbook – https://climate.ec.europa.eu
*19 Bruegel Think Tank – „CBAM and its global implications“ – https://www.bruegel.org
*20 U.S. Department of Commerce – „Section 232 Investigations“ – https://www.commerce.gov

Kapitel 2 – Industriearchitektur und Abhängigkeiten

*1 Wirtschaftsvereinigung Stahl – Jahresbericht 2023https://www.stahl-online.de
*2 World Steel Association – Steel in the Automotive Industry 2022https://worldsteel.org
*3 Eurofer – Automotive and Steel Report 2022https://www.eurofer.eu
*4 OECD – Steel and the Automotive Value Chainhttps://www.oecd.org/sti/ind/steel.htm
*5 Deutsche Bahn AG – Infrastrukturbericht 2023https://www.deutschebahn.com
*6 BMDV – Investitionsrahmenplan Schiene 2022–2030https://bmdv.bund.de
*7 SWP Berlin – Sicherheitsrisiken kritischer Infrastruktur 2022https://www.swp-berlin.org
*8 VCI – Chemiewirtschaft und Grundstoffehttps://www.vci.de
*9 VDMA – Maschinenbau Jahresbericht 2023https://vdma.org
*10 IEA – Steel Needs in Machinery and Energy 2022https://www.iea.org
*11 McKinsey – Steel and the German Export Economyhttps://www.mckinsey.com
*12 Eurofer – Steel in Construction Report 2022https://www.eurofer.eu
*13 IEA – Steel for Renewable Energy Systems 2022https://www.iea.org
*14 DIHK – Bauwirtschaft und Lieferketten 2023https://www.dihk.de
*15 Bauindustrie-Verband – Importstahl und Qualitätsrisikenhttps://bauindustrie.de
*16 Jane’s Defence – Special Steel in Military Applications 2023https://www.janes.com
*17 Bundeswehr – Rüstungsbericht 2023https://www.bmvg.de
*18 NATO Defence College – Strategic Materials and Securityhttps://ndc.nato.int
*19 IEA – Steel and Clean Energy Transitions 2022https://www.iea.org
*20 World Nuclear Association – SMR and Steel Demand 2023https://world-nuclear.org
*21 OECD Steel Committee – Employment Multipliers 2022https://www.oecd.org/sti/ind/steel.htm
*22 WV Stahl – Wirtschaftsfaktor Stahl 2023https://www.stahl-online.de
*23 Bruegel Think Tank – The systemic crisis of European steelhttps://www.bruegel.org
*24 Brookings – Geopolitics of Steel Supply Chains 2022https://www.brookings.edu
*25 Carnegie Endowment – Industrial Dependencies as Leveragehttps://carnegieendowment.org
*26 SWP Berlin – Stahlindustrie als strategische Infrastrukturhttps://www.swp-berlin.org

Kapitel 3 – Kosten- und Standortprobleme

*1 SWP Berlin – Industriepolitik und Standort Deutschlandhttps://www.swp-berlin.org
*2 BDEW – Strompreise für die Industrie 2023https://www.bdew.de
*3 IEA – Gas Market Report Q4 2023https://www.iea.org
*4 Agora Energiewende – Kostenvergleich Wasserstoff in der Industriehttps://www.agora-energiewende.de
*5 IG Metall – Tarifarchiv Stahlindustriehttps://www.igmetall.de
*6 Statistisches Bundesamt – Arbeitskosten im Produzierenden Gewerbe 2023https://www.destatis.de
*7 OECD – Productivity in Energy-Intensive Industrieshttps://www.oecd.org/sti/ind/steel.htm
*8 Hans-Böckler-Stiftung – Tarifbindung und Strukturstarrehttps://www.boeckler.de
*9 WV Stahl – Bürokratiekosten in der Stahlindustrie 2023https://www.stahl-online.de
*10 Europäische Kommission – ETS Handbookhttps://climate.ec.europa.eu
*11 Bruegel Think Tank – Administrative Burden in EU Industrieshttps://www.bruegel.org
*12 OECD Steel Committee – Age of EU Steel Plants Report 2023https://www.oecd.org
*13 McKinsey – Investment Patterns in European Steelhttps://www.mckinsey.com
*14 Eurofer – Quality Standards in EU Steel Productionhttps://www.eurofer.eu
*15 Brookings – China’s State Support for Modern Steelhttps://www.brookings.edu
*16 Europäische Kommission – State Aid Register – Steel Sectorhttps://competition-policy.ec.europa.eu/state-aid_en
*17 Handelsblatt – Milliardenhilfen für deutsche Stahlwerkehttps://www.handelsblatt.com
*18 Thyssenkrupp AG – Pressemitteilung Wasserstoffpfade 2023https://www.thyssenkrupp.com
*19 WV Stahl – Positionspapier zu Subventionen 2022https://www.stahl-online.de
*20 U.S. Department of Commerce – Section 232 Tariffshttps://www.commerce.gov
*21 Carnegie Endowment – China’s Industrial Subsidy Systemhttps://carnegieendowment.org
*22 India Ministry of Steel – National Steel Policy 2017/Update 2023https://steel.gov.in
*23 OECD – Turkey Steel Scrap Imports 2022https://www.oecd.org
*24 Eurofer – European Steel Competitiveness Report 2022https://www.eurofer.eu
*25 SWP Berlin – Strategische Verwundbarkeit der deutschen Stahlindustriehttps://www.swp-berlin.org
*26 WV Stahl – Stahlindustrie und Standortpolitik 2023https://www.stahl-online.de
*27 Airbus Group – Industriepolitik als Erfolgsmodellhttps://www.airbus.com

Kapitel 4 – Zukunftstechnologien und Investitionspfade

*1 SWP Berlin – Zukunft der Grundstoffindustrienhttps://www.swp-berlin.org
*2 Fraunhofer ISI – Direktreduktion mit Wasserstoffhttps://www.isi.fraunhofer.de
*3 Agora Energiewende – Grüner Stahl 2045 Szenariohttps://www.agora-energiewende.de
*4 DENA – Wasserstoffnetz 2030+https://www.dena.de
*5 IEA – Hydrogen Cost Outlook 2023https://www.iea.org
*6 McKinsey – Hydrogen in Steel Industry 2022https://www.mckinsey.com
*7 EuRIC – European Recycling Market Report 2023https://euric.org
*8 Eurofer – Recycling and Circular Steelhttps://www.eurofer.eu
*9 OECD – Global Scrap Trade Flowshttps://www.oecd.org
*10 World Steel Association – Steel and Alloy Production Needshttps://worldsteel.org
*11 VDI – Recyclingtechnik in Deutschlandhttps://www.vdi.de
*12 World Nuclear Association – SMRs and Industrial Usehttps://world-nuclear.org
*13 IEA – Offshore Wind and Hydrogen Report 2022https://www.iea.org
*14 U.S. DOE – SMR Development Programshttps://www.energy.gov
*15 BDI – Industrie 4.0 im Stahlsektorhttps://bdi.eu
*16 Fraunhofer IPA – Digitale Produktionssysteme Stahlindustriehttps://www.ipa.fraunhofer.de
*17 OECD – Digitalisation and Industrial Competitivenesshttps://www.oecd.org
*18 U.S. Department of Commerce – Steel Tariff and Hydrogen Policyhttps://www.commerce.gov
*19 Brookings – China’s Coal Strategy and Recycling Expansionhttps://www.brookings.edu
*20 India Ministry of Steel – Steel Policy Update 2023https://steel.gov.in
*21 Bruegel Think Tank – Europe’s Green Steel Dilemmahttps://www.bruegel.org
*22 WV Stahl – Kostenprognose Wasserstoffumstellung 2045https://www.stahl-online.de
*23 DENA – Nationales Wasserstoffnetz: Investitionsbedarfhttps://www.dena.de
*24 PwC – Digitalisierung und Recycling in der Stahlbranchehttps://www.pwc.de
*25 Handelsblatt – Investitionsbedarf für grünen Stahlhttps://www.handelsblatt.com
*26 SWP Berlin – Technologiepolitik in der Grundstoffindustriehttps://www.swp-berlin.org
*27 DIW – Industriepolitik zwischen Vision und Realitäthttps://www.diw.de
*28 IEA – Energy Security and Industrial Transformationhttps://www.iea.org

Kapitel 5 – Internationale Konkurrenz und Märkte

*1 SWP Berlin – Geoökonomie und Stahlmärktehttps://www.swp-berlin.org
*2 World Steel Association – World Steel in Figures 2023https://worldsteel.org
*3 OECD – Steel Excess Capacity Report 2022https://www.oecd.org
*4 Brookings – China’s Steel Industrial Policyhttps://www.brookings.edu
*5 India Ministry of Steel – National Steel Policy 2023https://steel.gov.in
*6 Eurofer – India-EU Steel Trade Outlookhttps://www.eurofer.eu
*7 IEA – Coal Use in India’s Steel Industryhttps://www.iea.org
*8 U.S. Department of Commerce – Section 232 Tariffshttps://www.commerce.gov
*9 Congressional Research Service – Buy American Act in Steelhttps://crsreports.congress.gov
*10 U.S. EIA – Industrial Energy Priceshttps://www.eia.gov
*11 OECD – Turkey Scrap Imports 2022https://www.oecd.org
*12 World Bank – Turkey’s Steel Industry Integrationhttps://www.worldbank.org
*13 WTO – Trade Policy Review Turkey 2023https://www.wto.org
*14 Eurostat – EU Imports of Steel from Turkeyhttps://ec.europa.eu/eurostat
*15 BRICS Policy Center – Steel and Strategic Resourceshttps://www.bricspolicycenter.org
*16 Carnegie Moscow – Russia’s Steel Export Realignmenthttps://carnegieendowment.org
*17 Vale S.A. – Annual Report 2022https://www.vale.com
*18 South African Institute of International Affairs – Minerals and Geopoliticshttps://saiia.org.za
*19 Europäische Kommission – EU Industrial Policy Report 2023https://ec.europa.eu
*20 Bruegel Think Tank – CBAM and Global Competitionhttps://www.bruegel.org
*21 NATO Defence College – Strategic Materials as Geoeconomic Weaponshttps://ndc.nato.int

Kapitel 6 – Sanierungsarchitektur

*1 SWP Berlin – Industriepolitik als Sicherheitsstrategiehttps://www.swp-berlin.org
*2 WV Stahl – Positionspapier zur Zukunft der Stahlindustrie 2023https://www.stahl-online.de
*3 Airbus Group – Airbus als Industrieprojekt Europashttps://www.airbus.com
*4 Bundesministerium der Verteidigung – Rüstungsbericht 2023https://www.bmvg.de
*5 IEA – Raw Materials Security Reporthttps://www.iea.org
*6 OECD – National Steel Strategies: Case Studieshttps://www.oecd.org
*7 Handelsblatt – Staatliche Beteiligung an Schlüsselwerkenhttps://www.handelsblatt.com
*8 Jane’s Defence – Special Steel in Security Industrieshttps://www.janes.com
*9 Europäische Kommission – Airbus als europäisches Erfolgsmodellhttps://ec.europa.eu
*10 Bundesministerium für Wirtschaft – Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF)https://www.bmwk.de
*11 KfW – Finanzierungsinstrumente für Industrieprojektehttps://www.kfw.de
*12 Bruegel Think Tank – Funding Needs for Green Steelhttps://www.bruegel.org
*13 Fraunhofer ISI – Technologiepfade Stahlhttps://www.isi.fraunhofer.de
*14 PwC – Subventionen und Auflagen in der Industriepolitikhttps://www.pwc.de
*15 World Nuclear Association – SMRs in Industrial Applicationshttps://www.world-nuclear.org
*16 BGR – Rohstoffpartnerschaften Deutschlandshttps://www.bgr.bund.de
*17 EuRIC – Recyclingstrategie Stahl 2023https://euric.org
*18 NATO Defence College – Critical Materials for Defencehttps://ndc.nato.int
*19 Deutsche Bahn – Infrastrukturbedarf Stahlhttps://www.deutschebahn.com
*20 Bundesnetzagentur – Materialanforderungen Energiewendehttps://www.bundesnetzagentur.de
*21 Bundeskanzleramt – Industrie- und Rohstoffräte in Deutschlandhttps://www.bundesregierung.de
*22 Eurofer – Annual Steel Report 2023https://www.eurofer.eu
*23 Europäische Kommission – Handelsschutzinstrumente EUhttps://ec.europa.eu
*24 U.S. Department of Commerce – Section 232 Tariffshttps://www.commerce.gov
*25 Brookings – Western Alliances in Industrial Policyhttps://www.brookings.edu
*26 Carnegie Endowment – Reducing Dependency on Chinahttps://carnegieendowment.org
*27 WV Stahl – Stahl als Zukunftsressource Kommunikationhttps://www.stahl-online.de

Kapitel 7 – Handlungsempfehlungen und Prioritäten

*1 SWP Berlin – Industriepolitik als nationale Sicherheitsaufgabehttps://www.swp-berlin.org
*2 BDEW – Industriestrompreis-Debatte 2023https://www.bdew.de
*3 Europäische Kommission – Anti-Dumping-Maßnahmen Stahlhttps://ec.europa.eu
*4 WV Stahl – Stahlfonds-Positionspapier 2023https://www.stahl-online.de
*5 Bundesministerium der Verteidigung – Rahmenverträge Stahlbedarf Rüstunghttps://www.bmvg.de
*6 EuRIC – Exportkontrolle Schrottmärktehttps://eur

Kapitel 8 – Globale Handels- und Zollarchitektur

U.S. Department of Commerce (Section 232): https://www.commerce.gov
World Trade Organization (WTO) – Steel Tariffs: https://www.wto.org
Indian Ministry of Steel: https://steel.gov.in
Turkish Steel Exporters’ Association: https://www.cib.org.tr
China Iron and Steel Association (CISA): http://www.chinaisa.org.cn

Glossar:

Airbus-Modell
Industriepolitisches Kooperationsmodell: Entstand in den 1970er Jahren als europäische Antwort auf US-Dominanz in der Luftfahrt. Dient hier als Blaupause für eine mögliche europäische Stahlholding.

Anti-Dumping-Maßnahmen
Handelsrechtliche Instrumente zur Abwehr unlauterer Wettbewerbsvorteile durch ausländische Produzenten, die Waren unter Produktionskosten exportieren, um Märkte zu destabilisieren.

BRICS
Staatengruppe Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika. Erweiterte sich geopolitisch zu BRICS+, nutzt Stahl und Rohstoffe zunehmend als Machtinstrument im Welthandel.

CBAM (Carbon Border Adjustment Mechanism)
EU-Instrument zur Abgabe auf importierte CO₂-intensive Produkte. Ziel: Schutz europäischer Industrien vor Wettbewerbsnachteilen durch strengere Klimaregeln.

Dekarbonisierung
Prozess der Reduktion oder Eliminierung von CO₂-Emissionen in der Industrieproduktion, oft durch neue Verfahren (z. B. Wasserstoff-DRI).

Direktreduktion (DRI)
Produktionsverfahren zur Herstellung von Eisen, bei dem Eisenerz mit Wasserstoff oder Erdgas anstelle von Koks reduziert wird. Ermöglicht CO₂-arme Stahlerzeugung.

ETS (Emissions Trading System)
Europäisches Emissionshandelssystem: Unternehmen müssen für ihre CO₂-Emissionen Zertifikate kaufen. Erhöht die Produktionskosten energieintensiver Industrien.

Flachstahl
Stahlprodukt in Form von Blechen oder Bändern, zentral für die Automobil- und Maschinenbauindustrie.

IG Metall
Einflussreiche deutsche Industriegewerkschaft, prägend für Tarifverträge und Lohnstrukturen der Stahlindustrie.

Industriestrompreis
Politisch festgelegter, subventionierter Strompreis für energieintensive Industrien. Diskutiert als Brücke zur internationalen Wettbewerbsfähigkeit.

KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau)
Deutsche Förderbank, zentraler Akteur in der Finanzierung von Transformations- und Industriefonds (z. B. Stahlfonds).

Montanunion (1951)
Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl, Keimzelle der EU. Historisches Beispiel, dass Stahl und Kohle als Friedens- und Machtarchitektur begriffen wurden.

Multiplikator-Effekt
Ökonomische Kennzahl: Ein Arbeitsplatz in der Stahlindustrie erzeugt durch Verflechtungen bis zu 7–8 weitere Arbeitsplätze in nachgelagerten Industrien.

OEM (Original Equipment Manufacturer)
Große Hersteller in der Automobilindustrie (z. B. VW, BMW, Mercedes), Hauptabnehmer von Flachstahl.

Recyclingkreisläufe
Systeme zur Wiederverwertung von Stahlschrott, um Rohstoffimporte zu reduzieren und CO₂-Emissionen zu senken.

Schrottmarkt
Globaler Markt für Alt- und Restmetalle. Kontrolliert zunehmend von China und der Türkei; strategisch wichtig für Recyclingstähle.

SMR (Small Modular Reactor)
Kompakte Atomreaktoren der neuen Generation. Potenziell geeignet, um energieintensive Industrien wie die Stahlproduktion mit CO₂-freier Grundlast zu versorgen.

Stahlfonds
Sonderfinanzierungsinstrument (20–25 Mrd. €), vorgeschlagen zur Modernisierung und Absicherung der deutschen Stahlindustrie.

Stahlrat
Vorgeschlagenes Steuerungsgremium im Kanzleramt zur Koordination aller Maßnahmen der Stahlstrategie – unter Einbindung von Industrie, Politik und Sicherheitsinstitutionen.

Wasserstoffstrategie
Politisch definierter Transformationspfad, der auf den Ersatz fossiler Energieträger durch grünen Wasserstoff setzt – aktuell jedoch ohne ausreichende Infrastruktur und Kostenbasis.

WV Stahl (Wirtschaftsvereinigung Stahl)
Branchenverband der deutschen Stahlindustrie. Zentrale Stimme in politischen und wirtschaftlichen Debatten.

© 2025 Thomas H. Stütz – Chief Global Strategist, MOC Strategic Institute.
Alle Rechte vorbehalten. Eine Verwendung, auch auszugsweise, ist nur mit ausdrücklicher Nennung des Autors gestattet.

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