Trump vs. Musk – Phase II / III

Lesedauer 6 Min.

Der wahre Machtkampf im 21. Jahrhundert 

Autor: Thomas H. Stütz
Chief Global Strategist MOC Strategic Institute
Berlin / Kapstadt / New York – Juli 2025

Einleitung

Was heute wie ein Streit zweier Männer wirkt, ist in Wahrheit eine tektonische Kollision zweier Ordnungsmodelle. Donald Trump und Elon Musk sind keine bloßen Kontrahenten – sie verkörpern zwei Systeme, zwei Zukunftsentwürfe, zwei gegensätzliche Logiken von Kontrolle und Steuerung:

Trump steht für Macht durch politische Kontrolle.
Musk steht für Kontrolle durch technologische Infrastruktur.

Bereits am 2. Januar 2025 habe ich diese Eskalation antizipiert und in meinem Artikel „Trump vs. Musk“ als unvermeidbare Konfrontation zweier Alpha-Systeme beschrieben. Die dort formulierte Analyse hat sich inzwischen in vollem Umfang bestätigt.

Dieses Dokument führt die damaligen Erkenntnisse weiter, beleuchtet die nun eintretenden Dynamiken, analysiert systemische Folgewirkungen – und erweitert das Verständnis um den möglichen Parteieinstieg Musks, seine Abhängigkeit von Subventionen und die ökonomisch‑politische Bedrohung durch Trump.

1. Die aktuelle Eskalation – mehr als ein Persönlichkeitskonflikt

Wir befinden uns nicht in einem Wahlkampf, sondern in einer Phase, in der Donald Trump erneut Präsident ist. Die offene Auseinandersetzung zwischen Trump und Musk steht exemplarisch für die Frage, wer in Zukunft die Spielregeln der Gesellschaft setzt:

Der Staat – oder die Plattform?

Musk hat Kommunikationshoheit, Plattformmacht, Satelliteninfrastruktur und digitale Loyalität. Trump hat exekutive Macht, politische Dominanz, juristische Steuerungsmittel und eine loyale republikanische Basis. Beide agieren in Feldern, die sich zunehmend überschneiden – was zwangsläufig zur Kollision führt.

2. Systemische Folgewirkungen der Kollision

Informationskrieg statt politischer Aushandlung

Trump nutzt politische Narrative, Musk kontrolliert die Verbreitungskanäle. Wer den Informationsfluss kontrolliert, kontrolliert das Denken. Hier entsteht der neue digitale Souveränitätskonflikt.

Tech‑Wirtschaft unter Druck

Zielgerichtete Maßnahmen der Regierung gegen Musk‑nahe Technologien und Akteure können Innovation bremsen, Märkte verunsichern und Investitionsströme umleiten.

Globale Elitenspaltung

International müssen sich Staaten, Investoren und Regierungen neu positionieren: Unterwerfen sie sich Trumps Kontrolllogik – oder investieren sie in Musks Infrastruktur als Ausdruck technischer Autonomie?

Rechtsfreier Systemraum

Musks Plattformen und Systeme operieren oft jenseits staatlicher Zugriffsgrenzen. Die Frage lautet: Wer kontrolliert ihn, wenn nicht mehr das Gesetz, sondern nur noch Code gilt?

Geopolitische Risiken durch Wahrnehmung von Schwäche

Ein inländischer Machtkampf zwischen Trump und Musk kann außenpolitisch als Einladung zur Eskalation gewertet werden – durch Russland, China oder strategisch konkurrierende Akteure.

3. Die Rolle der übrigen Tech‑Elite – stille Gegenspieler oder Taktierer?

Zuckerberg, Cook, Bezos und Co. – sie alle müssen Position beziehen. Doch kaum jemand stellt sich offen gegen Trump oder Musk. Die Mehrheit verfolgt taktische Neutralität oder strukturelle Gegenwehr (z. B. algorithmische Entwertung, kulturelle Gegenkampagnen). Die Tech‑Elite verhindert systemisch Trumps Entfaltung – ohne offen zu rebellieren.

4. Internationale Resonanzräume und systemische Reaktionen

Was zwischen Trump und Musk sichtbar wird, beeinflusst weit mehr als nur das amerikanische Innenleben. Die tektonischen Verschiebungen reichen von Brüssel bis Taipeh und von Riad bis Ottawa. In einer Welt multipolarer Ordnungsbildung entscheidet sich an dieser Nahtstelle, ob klassische Staatlichkeit mit der technologischen Innovationsmacht Schritt halten kann – oder abgehängt wird.

EU
Die EU laviert zwischen technischer Autonomie und US‑Nähe. Sie fürchtet eine Kursverschärfung Trumps – und sieht in Musk sowohl eine Chance zur Plattformpartnerschaft als auch ein Risiko für politische Fragmentierung. Der Digital Services Act (DSA) wird zum geopolitischen Prüfstein.

China
Peking profitiert still: Eine gespaltene USA zwischen Plattformkrieg und politischem Chaos bietet Raum für strategische Expansion. Chinas Plattformstaatlichkeit wirkt im Vergleich stabil und attraktiv – besonders für Länder der BRICS‑Allianz.

Indien / BRICS+
Indien positioniert sich als souveräne Plattformalternative. BRICS+ arbeitet aktiv an eigenen Zahlungssystemen, Infrastrukturen und digitalen Souveränitätszonen – mit wachsenden Erfolgsaussichten bei anhaltendem US‑Konflikt.

Japan & Südkorea
Beide Staaten hängen sicherheitspolitisch am US‑Schutzschirm gegen China und Nordkorea. Jede Erosion amerikanischer Führungsstärke zwingt Tokio und Seoul zu kostspieligen Aufrüstungsprogrammen – oder zu riskanten Eigen‑Deals mit Peking.

Taiwan
Die Insel ist globaler Halbleiter‑Hub und Symbol strategischer Glaubwürdigkeit Washingtons. Fällt die US‑Abschreckungskraft, droht eine forcierte Wiedervereinigungs‑Offensive Pekings – mit weltweiten Schockwellen für Technologie‑Lieferketten.

Israel & Arabische Golfstaaten (Saudi-Arabien, VAE, Katar)
Die Sicherheitsarchitektur des Nahen Ostens basiert auf US-Präsenz. Ein unberechenbares oder introvertiertes Amerika schwächt Israels Abschreckung und öffnet iranischen Machtprojektionen Tür und Tor. Zugleich gefährdet es die Vision arabischer Staaten, sich als High-Tech- und Energie-Drehkreuze zu positionieren.

Ukraine & NATO-Ostflanke (Polen, Baltikum)
Kiews Verteidigung und die Abschreckung entlang der Ostgrenze sind ohne US-Führung kaum haltbar. Ein Rückzug Washingtons würde russische Offensivlust befeuern und Europas sicherheitspolitische Kohäsion zerreißen.

Mexiko & Kanada
Die hochintegrierten USMCA‑Lieferketten, von Automobil bis Landwirtschaft, erfordern einen stabilen amerikanischen Binnenmarkt. Politische Turbulenzen in Washington schlagen unmittelbar auf Peso und Loonie durch – und verschärfen Migrations-, Drogen- und Energiesicherheitsprobleme.

Südostasien (Philippinen, Vietnam, Indonesien)
Diese Staaten balancieren zwischen wachsendem chinesischem Druck und US-Sicherheitsversprechen. Fällt letzteres weg, kippt das regionale Kräftegleichgewicht – mit Folgen für Handelsrouten durch das Südchinesische Meer und globale Rohstoffflüsse.

5. Szenarien 2025–2030 – Drei Ordnungsmodelle im Wettbewerb

Szenario: Der Kontrollstaat (Trump setzt sich durch)

  • Nationale Souveränität vor Plattformfreiheit
  • Zerschlagung von Plattformstrukturen
  • Re-Nationalisierung statt globaler Tech-Logik

Szenario: Der Plattformstaat (Musk dominiert)

  • Plattformen ersetzen Regierungsfunktionen
  • Musk als Betreiber postnationaler Ordnungsmatrix
  • Digitale Infrastruktur ersetzt demokratische Legitimierung

Szenario: Der hybride Machtblock

  • Strategisches Gleichgewicht Trump–Musk
  • Tech-Infrastruktur wird Teil der Sicherheitsarchitektur
  • USA als Technokratie mit republikanischer Fassade

6. Demokratische Gegenreaktionen und strategische Nutzung

Die Demokraten nutzen die Spaltung gezielt. Sie präsentieren sich als Bewahrer der Verfassungsordnung – gegen Trump und gegen Musks anarchische Systemlogik. Dabei entstehen neue Allianzen mit tech‑nahen Akteuren, die Trumps Exzesse ebenfalls fürchten.

7. Die Subventionsfalle – Wenn Musk vom Staat lebt, den er herausfordert

Musk verdankt seinen Aufstieg milliardenschweren Subventionen, Aufträgen und Privilegien – von NASA über Steuererleichterungen bis hin zu exklusivem Frequenzzugang. Diese staatliche Alimentierung steht im Widerspruch zu seiner Rolle als politischer Systemherausforderer.

Trump könnte gezielt gegen diese Abhängigkeit vorgehen:

  • Subventionskürzungen, Auftragsentzug, regulatorischer Druck
  • Populistisches Framing: „Warum bezahlen wir einen Mann, der gegen uns kandidiert?“
  • Symbolische Delegitimierung: Musk als südafrikanischer Milliardär, der die USA unterwandere

Das wirtschaftliche Risiko wäre enorm: Kursverluste bei Tesla, politische Isolation bei SpaceX, operative Blockaden für xAI, Neuralink und Starlink.

8. Wenn Musk Politik macht – und der Markt nicht mehr mitspielt

Der Schritt in die Parteigründung wäre eine systemische Eskalation. Musk verliert dann operativen Fokus, das Vertrauen der Aktionäre – und womöglich die wirtschaftliche Grundlage seiner Macht. Die Märkte reagieren sensibel auf Ablenkung, Interessenkonflikte und Polarisierung:

  • Tesla: ESG-Fonds steigen aus, internationale Kunden wenden sich ab
  • SpaceX: Verträge mit dem Pentagon werden risikobehaftet
  • xAI: Kritische Fragen zu ethischem Design, regulatorische Blockaden

Wer Politik betreibt, muss sich kontrollieren lassen – oder verliert, was ihn groß gemacht hat.

Musk kann nicht gleichzeitig Plattformherr, Wirtschaftskapitän und Parteigründer sein – ohne das gesamte System zu destabilisieren, das ihn trägt.

9. Ausblick auf die Midterms 2026 und die Restlaufzeit der Trump‑Präsidentschaft

Die kommenden 18 Monate bilden die kritische Brückenspanne zwischen akuter Eskalation und institutioneller Selbstkorrektur – mit globalen Rückkopplungen. Drei Dimensionen sind entscheidend:

9.1 Freund‑Feind‑Reallokation im Inneren

  • Republikanische Fraktionen: MAGA‑Kern vs. klassischer Establishment‑Flügel (McConnell/Chamber‑Lobby). Der innerparteiliche Machtkampf entscheidet, ob Trump bis 2028 gestalten oder vorzeitig durch parteiinterne Blockaden gelähmt wird.
  • Demokratische Strategie: „Firewall 2026“ – gezielte Mobilisierung moderater Vorstädte + Tech‑Eliten als Spenden‑Hebel. Ziel: Repräsentantenhaus zurückerobern und Trumps Legislativ-Pipeline kappen.
  • Mögliche Musk-Partei: Splitterwirkung auf unabhängige Wähler. Könnte Republikaner Stimmen kosten, gleichzeitig Demokraten daran hindern, breite Mitte zu gewinnen – ein unkalkulierbarer Joker.

9.2 Dienste‑Dynamik und Schattenkrieg

  • US‑Intelligence (CIA, NSA, DIA): Hohe Alarmstufe wegen gestiegener Inlands-Polarisierung. Risiko selektiver Leaks, um politische Agenden zu balancieren.
  • Five Eyes suchen Stabilität; Kanadische und australische Dienste warnen vor Autonomie-Erosion durch Plattformparteien.
  • Gegnerische Dienste: GRU (Russland) und MSS (China) verstärken Desinformationskampagnen, zielen auf Swing‑States; Iranische MOIS fokussiert Cyber-Sabotage gegen Energie-Infrastruktur, um politisches Chaos anzuheizen.

9.3 Internationales Standing der USA bis 2026

  • Verbündete in Alarm­haltung: NATO testet „Article 5‑Lite“‑Übungen – für den Fall, dass Washington im Krisenfall innenpolitisch paralysiert bleibt.
  • AUKUS / QUAD beschleunigen Eigen-Kommandostrukturen, um asiatische Abschreckung notfalls ohne US-Carrier Groups sicherzustellen.
  • BRICS-Expansion nutzt amerikanische Selbstbeschäftigung, wirbt aggressiv um die Türkei, Saudi-Arabien, Argentinien – kontert Dollar-Dominanz.

9.4 Wahrscheinliche Eskalationslinien

Treiber

Trigger

Wahrscheinlichkeit

Wirkung

Innenpolitische Gewaltspirale

FBI‑Festnahmen extremistischer Gruppen

Mittel

Nationale Notstandsbefugnisse, Investorenpanik

Gesetzgeberische Blockade (Debt Cap)

Republikanische Hardliner vs. Weißes Haus

Hoch

Rating‑Herabstufung, steigende Treasury‑Yields

Außenpolitische Ablenkung

Iran‑Israel‑Flächenbrand

Mittel

Ölpreis > 120 USD, Konflikt‑Premium, Midterm‑Rally‑’round‑the‑flag

Technologienotstand (KI‑Debakel)

Großflächige Deepfake‑Wahlbeeinflussung

Mittel

Vertrauenskrise, beschleunigte Regulatorik

Kernthese: Die Midterms 2026 sind weniger eine Zwischenwahl als ein Referendum über die Funktionsfähigkeit der amerikanischen Demokratie im Plattform-Zeitalter.

Eine gleichzeitige Schwächung von Exekutive und Musk‑Ökonomie könnte ein geopolitisches Machtvakuum erzeugen, das Freunde zu hektischer Autonomisierung und Feinde zu riskanter Expansion verleitet.

10. Strategische Mitte – Ein drittes Ordnungsmodell?

Weder der politische Kontrollstaat noch der digitale Plattformstaat garantieren Stabilität, Legitimität oder Resilienz. Beide Systeme tragen strukturelle Risiken in sich:

  • Trumps Modell: Abhängigkeit von charismatischer Durchsetzung, eingeschränkter Partizipation, Konfrontationslogik als Regierungsprinzip
  • Musks Modell: Private Governance ohne demokratische Rechenschaft, strukturelle Intransparenz, technologische Übersteuerung demokratischer Prozesse

Was fehlt, ist ein strategisch anschlussfähiges Gegenmodell – eine gestaltungsfähige Ordnung dritter Art:

Ein System, das die Innovationskraft der Tech-Ökonomie aufgreift, aber in einen demokratisch legitimierten Ordnungsrahmen integriert. Kein Rückfall in nationale Verwaltungssysteme – aber auch keine Verflüchtigung demokratischer Steuerung zugunsten technischer Effizienz.

10.1 Grundzüge der strategischen Mitte:

  • Plattformarchitektur als öffentliche Infrastruktur – mit gemeinschaftlich definierter Zugangs- und Rechenschaftsordnung
  • Digitale Souveränität durch vernetzte Demokratie, nicht durch einzelne Superakteure
  • Regulative KI-Strukturen, die Verantwortung, Nachvollziehbarkeit und Gemeinwohlorientierung kodifizieren
  • Multilaterale Innovationsräume, in denen Staaten, Wirtschaft und Zivilgesellschaft gleichwertige Architekturpartner sind

10.2 Erforderliche Wechselwirkungen und strategische Vorgehensweisen

Um ein solches Modell realisieren zu können, braucht es:

  1. a) Institutionelle Vorarbeiten:
  • Aufbau eines interoperablen Ordnungsrahmens für Plattformgovernance – idealerweise getragen von G7 +, BRICS-Beobachtern und UNO-Beteiligung
  • Entwicklung eines digitalen Verfassungsrahmens: verbindliche Grundrechte für algorithmische Systeme, Datenräume und KI-basierte Entscheidungsarchitekturen
  1. b) Strategische Allianzen:
  • Bündnisse demokratischer Innovationsnationen (Kanada, Deutschland, Japan, Südkorea, Estland, Israel, Costa Rica), die als Vorreiter kooperativ vorangehen
  • Integration von progressiven Wirtschaftsakteuren (z. B. Open Source KI-Konsortien, Datenschutz‑First‑Initiativen, globale Stadtallianzen)
  1. c) Operative Umsetzung:
  • Pilotprojekte auf nationaler oder supranationaler Ebene (z. B. EU-Kommission, UNDP, Weltbank)
  • Finanzielle Ermöglichung über Sovereign Tech Funds, KI-Stiftungen und geopolitisch unabhängige Innovationshaushalte

Die strategische Mitte ist kein Kompromiss zwischen Extremen – sie ist die kontrollierte Rückgewinnung systemischer Handlungsfähigkeit.

Schlussfolgerung

Trump ist kein Gegner für Musk allein. Er steht einem ganzen technologischen Machtblock gegenüber, der strukturell schneller, vernetzter und resilienter ist als klassische Politik.

Doch auch Musk ist kein Heilsbringer: Sein System ersetzt demokratische Kontrolle nicht durch Bürgermacht – sondern durch Plattformstruktur. Wer ihn stützt, stützt nicht automatisch Freiheit.

Die wahre Zukunftsfrage lautet:
Wer steuert die Welt, wenn Technologie schneller agiert als Gesetze?

Diese Konfrontation ist mehr als ein US-Phänomen. Sie betrifft alle Gesellschaften, die sich zwischen Kontrolle und Autonomie, Plattform und Parlament, Infrastruktur und Verfassung entscheiden müssen.

Thomas H. Stütz
Chief Global Strategist 

Zur Originalanalyse vom 2. Januar 2025:
„Trump vs. Musk“
https://thomas-h-stuetz.eu/trump-vs-musk/
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